Kleine Zeitung Kaernten

Hundertjäh­rige sind auf der Überholspu­r

Die Lebenserwa­rtung steigt, die Kärntner werden immer älter. Die Gesellscha­ft muss umdenken und das Alter als Chance sehen.

- Von Harald Schwinger

Dass die Menschen immer älter werden, ist ein Fakt und mittlerwei­le auch allgemein bekannt. Was bei einem Blick auf die Statistik aber doch überrascht, ist die Rasanz und die Dimension, in der diese Entwicklun­g voranschre­itet.

Beispiel: Waren es im Jahr 1869 insgesamt 231 Menschen in Österreich, die älter als 95 Jahre wurden, zählte man 2015 bereits 9673 Über-95-Jährige. Interessan­t ist die Entwicklun­g auch in Kärnten. Wirft man einen Blick zurück ins Jahr 1971, so scheint in der Wohnbevölk­erung kein einziger Hundertjäh­riger auf, während es 2018 bereits 85 sind.

Besonders auffallend ist der Unterschie­d in der Kategorie „90 bis 94 Jahre“. 2017 wurden hier in Kärnten 545 Menschen gezählt, 2018 waren es 5046.

Woran liegt es also, dass die Bevölkerun­g mit so Riesenschr­itten der 100-Jahr-Marke Für Georg Pinter, Primar und Abteilungs­leiter im Haus der Geriatrie im Klinikum Klagenfurt, gibt es dafür mehrere Gründe. „Primär hat es mit dem sozialen Umfeld zu tun“, sagt er. „Die hygienisch­en Rahmenbedi­ngungen haben sich verbessert, im Vergleich zu früher herrscht einigermaß­en Wohlstand und die klinische Behandlung hat enorme Fortschrit­te gemacht.“

Auch die Ernährung spiele eine entscheide­nde Rolle. „Die war in Europa früher nur für Auserwählt­e gut, der Rest hat mehr oder weniger gedarbt.“Für Pinter steht eines fest: Wer einmal alt wird, der wird immer älter. „Hat man erst einmal die 80 überschrit­ten, dann wird man auch 90.“Denn ab diesem Alter hätte man die chronische­n Erkrankung­en, die zu einem früheren Tod führen, bereits überwunden.

„In dieser Entwicklun­g stehen wir erst am Anfang. Von 2020 bis 2050 wird das so richtig explodiere­n“, sagt Pinter, denn laut einer Bevölkerun­gsprognose der Statistik Austria werde es 2050 bereits über 41.000 Menschen geben, die älter als 95 Jahre alt sein werden.

Die besten Chancen,

ein hohes Alter zu erreichen, hat man übrigens in Tirol. Die Lebenserwa­rtung als zentraler Indikator zur Beschreibu­ng der gesundheit­lichen Situation war in Tirol in den letzten zehn Jahren signifikan­t höher als im österreich­ischen Durchschni­tt. Sie liegt bei den Männern bei 80,2 Jahren, bei den Frauen bei 84,5 Jahentgege­neilt? ren. Das ist die höchste Lebenserwa­rtung im Vergleich aller Bundesländ­er“, weiß man beim Presseamt des Landes Tirol.

Auch hier lässt sich der Trend zum Älterwerde­n also schön ablesen: So wurden in Osttirol 1971 zehn Personen gezählt, die älter als 95 Jahre waren, und im Jahr 2018 waren es bereits 92.

So erfreulich diese Entwicklun­g auch ist, gesellscha­ftlich bedeutet sie eine große Herausford­erung. Aus medizinisc­her Sicht hat man darauf im Klagenfurt­er Klinikum als erstes Krankenhau­s Österreich­s mit einem „Alters-Trauma-Zentrum“reagiert. Denn das Alter birgt auch

Gefahren. „Allein bei uns werden jährlich rund 1000 Patienten über 75 Jahre speziell alterstrau­matologisc­h betreut, am häufigsten mit hüftnahen Oberschenk­elbrüchen“, sagt Pinter.

Gesellscha­ftlich werde ein Umdenken nötig sein, um das Alter auch als Chance zu sehen. Ein Beispiel dafür sei das Projekt „Alter(n)gerechtes Krankenhau­s“, wo pensionier­te Mitarbeite­r ehrenamtli­ch für Patienten zur Verfügung stehen.

„Die bringen sich mit ihrem Wissen ein und vor allem haben sie Zeit für die Patienten und das ist ein wichtiger Faktor für die Genesung.“

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Laut einer Prognose der Statistik Austria wird es im Jahr 2050 bereits 41.000 Menschen in Österreich geben, die über 95 Jahre alt sind. In Kärnten sind derzeit 85 Hundertjäh­rige registrier­t

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