Festnahme, U-Haft, Chefwechsel: Beben bei Audi
Der nächste Paukenschlag im Dieselskandal: Audi-Chef Rupert Stadler sitzt seit gestern wegen Betrugsverdachts in U-Haft. VW-Tochter bestellte schon neuen Interimschef.
Es ging Schlag auf Schlag. Die Vorwoche begann für Rupert Stadler mit einer Razzia der Staatsanwaltschaft in seiner Privatwohnung. Und mit der Feststellung, dass nun auch direkt gegen den Chef der Volkswagen-Tochter Audi ermittelt wird. Die Vorwürfe gegen ihn sowie einen weiteren Vorstand: Betrug sowie mittelbare Falschbeurkundung. Es gilt die Unschuldsvermutung.
Diese Woche begann für den 55-jährigen Automanager, der seit elf Jahren die Geschicke von Audi lenkt, noch um ein Vielfaches dramatischer. Er wurde in der Früh in seinem Haus in Ingolstadt festgenommen – und wegen Verdunkelungsgefahr in Untersuchungshaft genommen. Stadler sitzt damit als erster Manager aus der obersten Volkswagen-Führungsriege im Dieselskandal in U-Haft. Stadler selbst sei bei seiner Verhaftung „überrascht, aber gefasst“gewesen, werden Insider zitiert.
Die Staatsanwaltschaft will mit der Verhängung der Untersulungshandlung chungshaft nach eigenen Angaben eine mögliche Beeinflussung von Zeugen oder Beschuldigten verhindern. Seit der Einleitung des Ermittlungsverfahrens gegen Stadler und der Durchsuchung seiner Wohnung vor einer Woche habe sich zwar beim Tatvorwurf nichts Neues ergeben, so ein Sprecher der Staatsanwaltschaft in München. „Aber es gab Hinweise, dass die Gefahr einer Verdunke- besteht. Und das hat zu dem Haftbefehl geführt.“Stadler sei am Montagvormittag an seinem Wohnort festgenommen und dann der Ermittlungsrichterin vorgeführt worden. Laut Berichten der „Süddeutschen Zeitung“soll die Staatsanwaltschaft auch Telefonate abgehört haben.
Schon seit
zweieinhalb Jahren, seit der Aufdeckung des Dieselskandals im Herbst 2015, geriet Rupert Stadler als Audi-Chef immer wieder stark in die Kritik. VW-Konzernchef Martin Winterkorn und sechs AudiVorstände mussten ihren Hut nehmen – aber Stadler blieb. Die Eigentümerfamilien Porsche und Piëch haben stets an Stadler festgehalten. Er trage keine Schuld – nicht einmal im Falle einer Anklage sähe er einen Grund für einen Rücktritt, hatte Stadler selbst gesagt. Die Lage hat sich jetzt freilich fundamental geändert.
Der Volkswagen-Konzern hat auf die jüngsten Entwicklungen mit ersten Schritten reagiert. Stadler wurde laut „Handels-
blatt“vorerst einmal beurlaubt. Vertriebschef Abraham Schot (56) wurde zum Übergangschef von Audi bestellt. Der gebürtige Niederländer ist seit September 2017 im Audi-Vorstand für die Vertriebs- und Marketingagenden verantwortlich. Schot wurde in Rotterdam geboren, studierte im englischen Bradford Betriebswirtschaft, nach Stationen bei Mercedes und Daimler in den Niederlanden wechselte er 2011 in den Volkswagen-Konzern und war ab 2012 Vertriebschef der Volkswagen-Nutzfahrzeuge. In den kommenden Wochen soll die Nachfolge von Stadler dann wohl endgültig geregelt werden. Stadler soll nun spätestens am Mittwoch vernommen werden, so ein Justizsprecher.
Seine Festnahme
sorgte gestern für maximale Aufregung, denn sie erfolgte nur wenige Stunden vor einer regulären Sitzung des Volkswagen-Aufsichtsrats. Dieser hätte sich zwar ohnehin mit der Rolle von Audi im Dieselskandal befasst, doch durch die neuen Entwicklungen erhielt das Treffen des Kontrollgremiums unmittelbar den Charakter eines Krisengipfels.
An der Börse sackten die Vorzugsaktien von Volkswagen um rund 3,1 Prozent ab.