Blaue Schadensbegrenzung
Um Schadensbegrenzung ist die türkis-blaue Bundesregierung bei der Flexibilisierung der Arbeitszeit bemüht. Während Bundeskanzler Sebastian Kurz in der heiklen Frage durch weitgehende mediale Absenz auffällt und sich nur dann äußert, wenn er – wie letzten Mittwoch bei der gemeinsamen Pressekonferenz mit Bayerns Ministerpräsident
Markus Söder in Linz – von Journalisten konfrontiert wird, rückte FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache gestern ein zweites Mal innerhalb von 48 Stunden aus, um die Gemüter zu beruhigen. Die Ausweitung der Arbeitszeit auf bis zu zwölf Stunden trifft vor allem den Nerv der blauen Klientel.
E inmal mehr betonte Strache, dass die Regierung den Gesetzesentwurf präzisieren und den Charakter der Freiwilligkeit im Text festschreiben werde. „Es dürfen keine Interpretationsfehler möglich sein.“Die Koalition werde „das Prinzip der gesetzlich gewährleisteten Freiwilligkeit aus persönlichen Gründen, die nicht näher zu begründen sind,“in das Gesetz hineinschreiben. Dem Vernehmen nach feilt die Regierung gemeinsam mit Arbeitsrechtlern nach wasserfesten Formulierungen. SPÖ-Klubobmann Andreas Schieder sprach neuerlich von einer „Verhöhnung“der Arbeitnehmer.
Spätestens am Freitag kommt es in der Frage im Plenum des Nationalrats zum ersten direkten Schlagabtausch zwischen Regierung und Opposition. Für 15 Uhr ist die Sondersitzung angesetzt. Der Zeitpunkt ist, je nach Sichtweise, perfekt oder perfide gewählt. Am Freitag beginnen in Ostösterreich die Sommerferien, in Brüssel tagen die Staats- und Regierungschefs. Ob es der Kanzler schafft, rechtzeitig vom Gipfel zurück zu sein, ist offen. Eine vorzeitige Abreise kann sich Kurz, der am Sonntag den EUVorsitz übernimmt, kaum leisten.
Nach der Voest in Kapfenberg und Infineon in Villach hofft die Regierung auf den nächsten milliardenschweren Auftrag. Mehr als 100 CEOs internationaler Großkonzerne weilen morgen in Wien. Im Schloss Schönbrunn wollen Sebastian Kurz, Heinz-Christian Strache, Norbert Hofer, Margarete Schramböck die Unternehmer für Investitionen in Österreich gewinnen. Angesagt haben sich u. a. Spitzenvertreter von Microsoft, Lufthansa, Huawei, Lukoil, Merck, Pfizer, Nokia und von Dutzenden fernöstlichen Konzernen. Die Betriebe beschäftigen weltweit fünf Millionen Menschen und setzen 1,2 Billionen Dollar um.