Deborah Sengl und ihr „Menschen-Zoo“in Millstatt.
Willkommen im Menschen-Zoo! Deborah Sengl zeigt in Millstatt neue Arbeiten und ist dafür auf den Hund gekommen.
Auf den Hund gekommen ist die Wiener Künstlerin Deborah Sengl, wie derzeit eine eindrucksvolle Personale im Stift Millstatt zeigt. Vor drei Jahren präsentierte das „Forum Kunst contemporary“Sengls aufsehenerregenden Werkzyklus zu Karl Kraus’ „Die letzten Tage der Menschheit“in Rattengestalt und lockte damit an die 2000 Besucher in das Oberkärntner Kulturzentrum. Auch heuer sollte man sich die Schau „Schleier-Haft“nicht entgehen lassen, sind doch die gesellschaftskritischen Arbeiten zum Teil eigens für Millstatt entstanden und noch nie zu sehen gewesen. Nicht um Islamkritik geht es der Künstlerin bei ihren ironischen Bildern, in denen diesmal Schäferhund und Dobermann die Menschen ersetzen, sondern um die Demaskierung der Doppelmoral von Rechtspopulisten in Europa. Die würden an veralteten Rollenbildern festhalten, aber genau diese am Islam kritisieren, um sich einen feministischen Anschein zu geben. Im Stil von US-Propaganda-Plakaten der 1950er-Jahre thematisiert sie mit entlarvendem Witz Heimattümelei und Zurück-anden-Herd-Ideologie. „SchleierHaft“im mehrfachen Sinn erscheint dem Besucher dabei wohl die Renaissance der einstigen Ideale.
Mit ihrem verstörenden Bestiarium hält uns Deborah Sengl den Spiegel vor, formuliert mit starken Bildern „einen Aufschrei für mehr Einfühlungsvermögen“, so die deutsche Kulturjournalistin Dorothee Baer-Bogenschütz bei ihrer Laudation zur Eröffnung. Empathielos ist auch die Selfie-Gesellschaft, das Thema von zwei älteren Arbeiten, die den Besucher der lichtdurchfluteten Räume gleich zu Beginn der Schau irritieren: Dabei macht eine menschliche Skulptur mit Hundekopf per Handy ein Foto von sich vor dem Bild
Obdachlosen (Hundes) auf einer Parkbank, während sich ein paar Schritte weiter ein Sandler in seinen Schlafsack vor dem Bild eines Königspudels im Doppelbett verkriecht.
Die Plastiken aus Wachs und Textil, die in Kooperation mit einem Tierpräparator entstehen, lassen nicht so sehr an Madame Tussaud denken, sondern seien eher als Referenz an die „Supermarket Lady“des USPop-Art-Künstlers Duane Hanson zu sehen, analysierte BaerBogenschütz. Wenig heimelige „Home-Stories“sind es, die Sengl da erzählt: „Willkommen im Menschenzoo!“
„Mich interessieren Themen“, meint Deborah Sengl im Gespräch. Das ignorante Abfotografieren von Elend ist für die Konzeptkünstlerin ebenso Theeines ma wie „das, was wir unseren Kindern mitgeben“. Zeichnungen aus ihrem Zyklus „Toy-Stories“ergänzen die humorvolle, aber harte Schau, die ein Höhepunkt im sommerlichen Kulturangebot Kärntens ist.
Schleier-Haft. Deborah Sengl im Forum Kunst contemporary. Stift Millstatt. Bis 28. Juli. Mi., Do., Sa., So. 14 bis 18 Uhr, Fr. 18 bis 22 Uhr.