Die Irrfahrt geht auf Malta zu Ende
„Lifeline“darf in La Valletta anlegen – sechs Länder sollen Migranten aufnehmen.
Vielleicht ist es der Vorgeschmack auf eine neue europäische Flüchtlingspolitik: Italien und Malta einigten sich unter der Vermittlung von Frankreich und Spanien auf eine Lösung für das mit 234 Flüchtlingen beladene deutsche Rettungsschiff „Lifeline“. Seit Tagen bewegte sich das eigentlich nur für 50 Passagiere ausgelegte Boot der Dresdner Organisation „Mission Lifeline“ohne Anlaufstelle im Mittelmeer südlich von Malta. Gestern folgte dann die Einigung.
Die Migranten sollen von „einigen willigen Staaten“aufgenommen werden, teilte die maltesische Regierung mit. Unter dieser Bedingung stimmte die Regierung von Joseph Muscat der Landung des Schiffes im Hafen von La Valletta zu. Auch Italien erklärte sich zur Aufnahme von Migranten bereit. Zuvor hatten italienische Journalisten, die auf der „Lifeline“waren, von einer „surrealen Stille“an Bord berichtet. Bilder im italieni-
Fernsehen zeigten Dutzende sitzende oder liegende und teilweise seekranke Flüchtlinge auf dem Schiff, die sich in Bundeswehr- oder Thermodecken hüllen. Italiens Innenminister Matteo Salvini bekräftigte die systematische Blockade der NGO-Rettungsschiffe. „Die NGOs werden nie wieder einen italienischen Hafen anlaufen“, sagte Salvini. „Die NGO-‚Aquarius‘ haben wir nach Spanien ge-
schickt, die NGO-‚Lifeline‘ nach Malta“, so der Innenminister. Für Frauen und Kinder auf der Flucht vor Krieg seien Türen offen, „für alle anderen nicht“.
Mittelmeer-Anrainerstaaten hatten zuletzt um die Landung des Schiffs „Aquarius“einer französischen NGO gestritten. Italien verweigerte die Landung, ausnahmsweise durfte das mit mehr als 600 Flüchtlingen belaschen dene Schiff im spanischen Valencia anlegen. Demselben Schiff, diesmal allerdings unbeladen, wurde auf der Rückfahrt die Landung auf Malta verweigert. Vorräte laden und die Besatzung wechseln muss die „Aquarius“in Marseille. Die Irrfahrten der NGOs auf dem Mittelmeer häufen sich: Das ist vor allem im Interesse der neuen italienischen Regierung von Fünf-Sterne-Bewegung und der rechtsnationalen Lega um Innenminister Salvini. Italien trug bisher die Hauptlast der Mittelmeer-Flüchtlinge. 600.000 Menschen kamen in den letzten Jahren vor allem aus Libyen.
Irrlichternde Flüchtlingsschiffe sollen ein Hebel sein, um Europa vor dem nahenden EUFlüchtlingsgipfel zum Umdenken zu zwingen. Der erste Adressat Italiens ist dabei Frankreich, das an der ligurischen Grenze seit Jahren Migranten abweist und seine Aufnahmeverpflichtungen laut Salvini nicht erfüllt. „Frankreich redet viel, aber bekommt wenig hin“, poltert der Innenminister.