An der Grenze zur Provokation
DER PROTEST. Nachbar Slowenien empfindet das Großmanöver als Provokation. DIE PROBE. Militär und Polizei probten in Spielfeld für den Ernstfall einer Grenzschließung.
Spielfeld, 21. Oktober 2015: Tausende Flüchtlinge durchbrechen die Absperrungen am Bundesstraßengrenzübergang. Die Einsatzkräfte können nicht dagegenhalten, unkontrolliert zieht die Masse durch die Steiermark. Erst nach Wochen steht das Grenzmanagement.
Spielfeld, knapp drei Jahre danach: 500 Polizisten und 220 Soldaten des Bundesheeres proben den Ernstfall. Die neue Grenzschutzeinheit „Puma“, Einsatzeinheiten (EE) aus Tirol, Kärnten, der Steiermark, dem Burgenland, die Cobra – sie alle haben den Auftrag: Sicherung der Grenze. Unterstützt werden sie vom Bundesheer, das mit Jägertruppe und der Militärpolizei angerückt ist.
Ein Hubschrauber des Innenministeriums kreist in der Luft. Luftaufnahmen werden direkt in die Einsatzzentrale übertragen. Die Bilder sollen über die Lage Aufschluss geben.
Schreiend laufen junge Menschen – sie werden von 200 Polizeischülern dargestellt – Richtung Grenzübertrittsstelle. Die Einsatzkräfte stoppen sie. Eine kleine Gruppe wird zur Registrierung gebracht – und, weil die Voraussetzungen nicht gegeben sind, von Polizisten und Soldaten nach Slowenien zurückgeschickt. Als weitere „Flüchtlinge“abgewiesen werden, spitzt sich die Lage zu.
Weitere Einsatzkräfte rücken vor. Ein Wasserwerfer-Lkw und ein Pandur-Radpanzer fahren auf. Heereshubschrauber fliegen Verstärkung heran. „Wir
können in einer Stunde Kräfte aus
Wien einfliegen und in eineinhalb Stunden sind die Salzburger da, wenn es notwendig ist“, erklärt Einsatzleiter Klaus Rexeis.
Die Lage beruhigt sich. Die Übung ist nach einer halben Stunde beendet. „Das war kein FPÖSchauspiel“, antwortet Innenminister Herbert Kickl auf die Frage eines Journalisten. „Wir müssen den Schleppern sagen, in Österreich gibt es kein Durchkommen. Wir freuen uns, dass wir die Lage unter Kontrolle haben.“Und Verteidigungsminister Mario Kunasek fügt hinzu: „Es geht nicht um die Bilder, wir haben die Verantwortung, Flagge zu zeigen: Ja, hier wird kontrolliert, gemeinsam von Militär und der Exekutive.“
Landeshauptmann Hermann Schützenhöfer bezeichnet die Großübung als „Signal an die Schlepper“. „Sie sollen sehen, dass hier nichts mehr geht.“Er sei der Bundesregierung für diese Übung dankbar. Eine Wiederholung von 2015 dürfe es nicht mehr geben. Denn: „In Wahrheit hat Österreich damals für einige Stunden seine Souveränität verloren.“
Seitens Slowenien hagelt es Kritik. Der neue Regierungschef Miro Cerar betrachtet die Übung österreichischer Sicherheitskräfte an der Grenze als „ziemlich provokativ“. Denn die EU und das Nato-Land Slowenien schützten die Schengengrenze ausreichend.
Kritik und Proteste kommen auch von der SPÖ und den Neos, die sich bei den Slowenen entschuldigen.
Hermann Schützenhöfer, Landeshauptmann
In Wahrheit hat Österreich damals füreinigeStunden die Souveränität
verloren.