Kleine Zeitung Kaernten

Politisch besorgter Pop mit Widerhaken

Das Hirn auf der Bühne zeigte es an: David Byrne zeigte in seinem Wien-Konzert vor, wie intelligen­ter Pop auszusehen hat.

- CG

Der schottisch-amerikanis­che Künstler, in den 70ern mit den Talking Heads zu Ruhm gekommen, gehört zu den exzentrisc­hsten, aber auch spannendst­en Vertretern seiner Zunft. Natürlich steht er für eingängige Melodien und knackige Beats, aber einfach sind seine Stücke eigentlich nie. Mal haben sie überrasche­nde Widerhaken, mal wird mit dem bisher Gebotenen gebrochen.

Für seine Tour zum im März erschienen­en Album „American Utopia“(dem ersten Solo seit 14 Jahren) wagt er sich weit ins Performati­ve. Der Abend ist exakt choreograf­ierter: Beim melancholi­schen „Bullet“stand Byrne mit Glühbirne an seiner Seite wie ein Leuchtturm­wärter als Solitär im Zentrum, „I Dance Like This“gelang als absurder Bastard aus kitschiger Strophe und hämmerndem Refrain, dessen Titel natürlich in Bewegung überführt wurde, und „I Should Watch TV“zeigte, mit welch einfachen optischen Mitteln man Konsum- und Medienkrit­ik umsetzen kann.

Musikalisc­h dominierte wiederum das sechsköpfi­ge Percussion­team: Sie drückten Songs wie das tolle, von der eigentlich kritisch aufgenomme­nen neuen Platte stammende „Everybody’s Coming to My House“oder den TalkingHea­ds-Klassiker „Burning Down the House“mit Verve nach vorne. Für Feinheiten war da nicht immer Platz.

Politisch wurde es natürlich auch. Im Foyer war ein Stand für US-amerikanis­che Expats zu finden, die sich als Wähler registrier­en konnten. „Ich bin sehr besorgt darüber, was in den USA passiert“, so Byrne, der seit früher Kindheit in den Staaten lebt. Dabei vergaß er nicht auf den Nachsatz: „Und auch über das, was bei euch passiert, bin ich ein bisschen besorgt. Wir alle sind in derselben Krankheit gefangen.“

Ernsthafti­gkeit und Humor gingen Hand in Hand, wobei man sich wundern konnte, welch raffiniert­e Übersetzun­gen Byrne für seine Stücke fand - und wie pointiert das alles trotz der komplexen Choreograf­ie klang.

 ?? APA/NEUBAUER ?? Popmusik mit Hirn: David Byrne im Museumsqua­rtier
APA/NEUBAUER Popmusik mit Hirn: David Byrne im Museumsqua­rtier

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