Kurz sieht Richtlinie „sehr skeptisch“
Gemischte Reaktionen auf den neuen Social-Media-Leitfaden des ORF.
Als „absurd“bezeichnet ORF-Generaldirektor Alexander Wrabetz Vorwürfe, die in den neuen Social-MediaRichtlinien des ORF einen „Maulkorb“für Journalisten sehen. Auch handle es sich derzeit nur um einen Entwurf. Der derzeit vorliegende Leitfaden sieht unter anderem vor, dass ORFMitarbeiter auf „Äußerungen und Kommentare in sozialen Medien“verzichten, die als Zustimmung, Ablehnung oder sonstige Positionierung gegenüber politischen Akteuren oder Organisationen interpretierbar sind. Für Vizekanzler Christian Strache (FPÖ) handelt es sich um eine „interne Angelegenheit“des ORF. „Überrascht“über die Richtlinien zeigte sich Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP), den „Erlass“sehe er „sehr skeptisch“.
Laute Kritik an Wrabetz’ Entwurf kommt von der Opposition: Claudia Gamon (Neos) zeigte sich in einer Aussendung „ir- ritiert“, Thomas Drozda (SPÖ) ortet einen „Maulkorberlass“.
Scharfe Worte kamen auch von Reporter ohne Grenzen („inakzeptabler Anschlag auf die Meinungs- und Pressefreiheit“), dem Österreichischen Journalisten Club („massiver Verstoß“) und vom ORFZentralbetriebsratsvorsitzenden Gerhard Moser, der von einem „Kniefall“vor „schwarzblauen Wünschen“spricht.
Das sind sie also, die neuen Regeln für ORF-Mitarbeiter und ihre Präsenz in den sozialen Medien. Der Entwurf sieht vor, dass sich Redakteure online nicht mehr über politische Institutionen oder Personen äußern dürfen. Längst notwendig, rufen die einen, einen „Maulkorb“orten die anderen. Hier einige Überlegungen:
1. Redaktionelle Gesellschaft. Die Neuen Medien machen uns alle zu Redakteuren: Wir schaffen und verbreiten Texte und Bilder – und haben dabei potenziell eine globale Reichweite. Warum sollte man diesen Zugang ausgerechnet jenen verbieten, die sich professionell mit Medien befassen?
2. Abgrenzung. Wo wird eine Haltung zur politischen Äußerung? Die Frage ist also: Worüber dürften sich ORFMitarbeiter künftig überhaupt noch im Netz äußern?
3. Status quo. Journalisten leben von ihrer Unabhängigkeit. Parteiliche Berichterstattung wurde auch schon bisher sanktioniert.
4. Lex Wolf. Armin Wolf ist der Einzige in den sozialen Medien mit ähnlich großer Reichweite wie Kurz und Strache. Viele würden dem lästig-mächtigen Fragensteller daher gerne seine OnlineKanäle verbieten.
5. Willkür. Die Beobachter stünden künftig unter Beobachtung. Fraglos würde es leichter, sich lästiger Redakteure zu entledigen.