Auch Garantie auf Freiwilligkeit beruhigt die Gemüter nicht
Die heutige Sondersitzung im Nationalrat wird hitzig: Trotz „Freiwilligkeitsgarantie“der Regierung ebbt die Kritik an den neuen Arbeitszeitregeln nicht ab. Bischofskonferenz: Gesetz verletzt Konkordat.
Man muss keine prophetischen Fähigkeiten haben, um vorherzusagen, dass der heutige Tag im Nationalrat äußerst emotional ausfallen wird. Ab 15.00 Uhr geht dort eine Sondersitzung zum DauerStreitthema der Arbeitszeitflexibilisierung über die Bühne. Die SPÖ hatte diese unter dem provokanten Titel „12-StundenTag und 60-Stunden-Woche im Auftrag der ÖVP-Großspender – So nicht, Herr Bundeskanzler“beantragt.
Die Regierungsparteien haben gestern noch einen Versuch unternommen, um die Wogen zu glätten. Es wurde eine „Präzisierung“zur Arbeitszeitflexibilisierung angekündigt. Mittels Abänderungsantrag soll eine „Freiwilligkeitsgarantie“ins Geüber setz geschrieben werden. Damit werde klargestellt, dass die elfte und zwölfte Arbeitsstunde nur mit Einwilligung des Arbeitnehmers geleistet werden kann. Ziel sei es, „bewusste Fehlinterpretationen“zu verhindern, dazu hätten Experten der beiden Parlamentsklubs und Mitarbeiter des Sozialministeriums sowie Arbeitsrechtsexperten „Klarstellungen und Präzisierungen vorgenommen“, betonten ÖVPKlubchef August Wöginger und FPÖ-Klubobmann Walter Rosenkranz bei einem gemeinsamen Termin. Der Abänderungsantrag zum bereits eingebrachten Initiativantrag werde heute präsentiert und kommende Woche in den Nationalrat eingebracht. Konkret werde im Gesetz verankert, dass jeder Ar- beitnehmer – „frei und ohne Angaben von Gründen“entscheiden kann, ob er mehr arbeiten will oder nicht. Zudem werde festgehalten, „dass der Arbeitnehmer selbst entscheiden kann, wie er letzten Endes zur Abgeltung kommt – entweder mehr Geld oder mehr Freizeit“. Angeordnete Überstunden blieben ebenfalls – wie bisher – zuschlagspflichtig.
Zur Beruhigung der Gemüter hat das nicht beigetragen. AK-Präsidentin Renate Anderl bezeichnet die „Freiwilligkeitsgarantie“als „nicht genügend“. Es bleibe dabei, „dass der 12-Stunden-Tag jederzeit möglich ist. Die Freiwilligkeit ist in der Realität ein leeres Versprechen“, so Anderl. Sie sei zudem bis dato schon im Gesetz gestanden, wenn es um Zwölf-Stunden-Arbeitstage gehe. Somit bleibe die Freiwilligkeit lediglich erhalten. Die Gewerkschaft warnt zudem: Die neuen Regeln würden auch jene 40.000 Lehrlinge treffen, die älter als 18 sind.
Unterstützung für die Kritiker gab es vonseiten der Bischofskonferenz. „Die beabsichtigten Gesetzesänderungen verletzen völkerrechtliche Verpflichtungen der Republik Österreich“auf Grundlage des Konkordats und seien „verfassungsrechtlich bedenklich“, heißt es laut Kathpress in einer aktuell veröffentlichten Stellungnahme. Nach Inkrafttreten der geplanten Gesetzesänderungen würde es Betrieben möglich sein, „die Arbeitnehmer an jedem beliebigen staatlichen Feiertag oder Wochenendtag zur Arbeitsleistung zu verpflichten“, warnte die Bischofskonferenz, die auch eine „Geringschätzung des Familienlebens“kritisiert.