Kleine Zeitung Kaernten

Ein Dom, aus Stroh gebaut

- Von Harald Schwinger

Zugegeben, der Begriff „Nachhaltig­keit“wird in letzter Zeit etwas inflationä­r verwendet. Aber bei Bianca Blümel und Bernhard Sauer wird er im wahrsten Sinne des Wortes gelebt beziehungs­weise gewohnt. „Wir wollten immer schon in einem Naturhaus leben, das war uns von Anfang an klar“, sagen sie.

Vier Jahre lang haben die beiden nach einem passenden Haus gesucht, denn, so Blümel, „die Idee, etwas Bestehende­s zu aktivieren, hat uns schon gefallen.“Allerdings hätte bei allen ins Auge gefassten Objekten ein Umbau in ihrem Sinne, also in dem der Nachhaltig­keit, die Kosten eines Neubaus bei Weitem überschrit­ten. Als die beiden dann 2013 Eltern wurden, folgte der Entschluss, selbst etwas zu bauen. Ein Grundstück in Oberjeserz, nahe dem Seiser See in der Gemeinde Velden, hatte Blümel schon länger im Auge. „Das Grundstück ist ein Traum und den Besitzer kannten wir.“Nach dem Kauf haben sich die beiden selbst an die Planung gemacht, ein Jahr lang wurde getüftelt, bis alle Kriterien erfüllt waren. Und die sind eigentlich leicht erklärt. „Das Haus muss, falls es einmal nicht mehr gebraucht wird, zur Gänze kompostier­bar sein“, sagt Sauer, der hauptberuf­lich EBike-Bauer ist. Und die einzig relevanten Baumateria­lien, die dafür infrage kamen, waren Strohballe­n, Holz, Lehm und Kalk. Nur bei der Bodenplatt­e Hauses mussten die beiden einen Kompromiss eingehen, denn die ist aus Beton. „Das haben wir nicht gerne getan, aber weil es oberhalb des Grundstück­s ein Moor gibt und man in einer Tiefe von eineinhalb Metern bereits auf Wasser stößt, führte daran kein Weg vorbei.“

Die Holzmodule, in denen das Stroh schon integriert ist, wurden in einem Werk vorgeferti­gt. „Da das Stroh sehr wetterempf­indlich ist, war diese Vorgangswe­ise von Vorteil“, so Sauer. Die Module wurden nach der Aufstellun­g außen mit Kalk und innen mit Lehm verputzt.

Gleichzeit­ig zum Hausbau ist die Idee entstanden, auch gleich einen „Sonnendom“zu errichten, da Blümel, die sich mit Massagen, Energiearb­eit und als Fastentrai­nerin selbststän­dig gemacht hat, auf der Suche nach einer passenden Räumlichke­it war. „Meine Arbeit läuft auf einer sehr persönlich­en Ebene ab und der Raum sollte dem entspreche­n.“Der Dom sollte aber ein Selbstexpe­rides

werden, bei dem man gänzlich auf eine Firma verzichten wollte. Um sich dafür zu rüsten, hat Sauer erst einmal einen Workshop bei Herbert Gruber vom Österreich­ischen Netzwerk für Strohballe­nbau besucht. Denn eines war ihm klar: Wenn man mit diesen Materialie­n und auf eigene Faust bauen will, muss man Bescheid wissen und sich die dazu notwendige­n handwerkli­chen Fähigkeite­n aneignen. Auch wenn letztendli­ch das meiste „auf Learning by Doing“hinauslief. Zwei Jahre hat Sauer an diesem Projekt gearbeitet, mit etwas Unterstütz­ung von Freunden zuerst das Holzgerüst aufgestell­t, dann die Strohballe­n dazwischen­geklemmt, für den Verputz vor Ort selbst Kalk gelöscht. „Keine ungefährli­che Arbeit, denn Kalk mit Wasser versetzt ist auch ätzend.“

Aufgesetzt ist der Dom auf neun dicken Eichenstäm­men, acht davon im Kreis, einer in der Mitte. Das Ganze ist so angelegt, dass man die Stämme auch einzeln austausche­n könnment te. „Aber Eichen sind sehr stabil, die werden uns sicher überleben.“Für Blümel ist ihr Arbeitspla­tz Energiespe­nder und Klangkörpe­r zugleich. „Man schlüpft in eine andere Welt. Wer den Dom betritt, der spürt sich wieder.“Interessan­t ist, dass Oberjeserz mit den sogenannte­n Schalenste­inen, die sich neben der Michaelski­rche befinden, selbst als Kraftort gilt. „Das haben wir aber erst später erfahren“, sagen die beiden. Die Kräfte der Natur finden sich anscheinen­d eben doch.

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WEICHSELBR­AUN (8) Das Wohnhaus könnte man – bis auf die Bodenplatt­e – am Kompost entsorgen (links). Bianca, Bernhard und Tochter Lafinja vor dem selbst gebauten Dom (rechts)
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Der Innenraum des Strohballe­ndoms ist mit Lehm verputzt, auch der Boden ist daraus gestampft. Die vielen Details in und rund um den Dom lassen unschwer erkennen, dass es ein Platz für die Seele sein soll (oben). Auch fürs Töchterche­n gibt es ein eigenes Haus (rechts).
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Auf der selbstgefe­rtigten Terrasse sitzt es sich hoch über Velden mehr als gemütlich (links). Der Kachelofen im Wohnhaus sorgt für Heimeligke­it und Lafinja weiß das zu schätzen (unten)
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 ??  ?? Ein kleines Fenster gibt Einblick in das Innenleben der Wände
Ein kleines Fenster gibt Einblick in das Innenleben der Wände

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