Kleine Zeitung Kaernten

Fünf Kinder, kranke Oma, ein Bauernhof

Einen 12-Stunden-Arbeitstag haben viele, aber vergleichb­ar sind sie deshalb noch lange nicht.

- Von Mensch zu Mensch Carina Kerschbaum­er carina.kerschbaum­er@kleinezeit­ung.at

Zitronen, Äpfel, Karotten. Zurzeit wird alles in den 12Stunden-Arbeitstag-Korb geworfen. Schaut Bäuerinnen an, die oft mehr als 12 Stunden arbeiten, rufen Fans der Arbeitszei­tnovelle, die weniger Hürden als bisher für den 12-Stunden-Tag bringen soll. Als ob sich der Arbeitstag einer Bäuerin, die am Hof arbeitet, den Stall macht, fünf Kinder, eine pflegebedü­rftige Oma hat und im Sommer Gäste bewirtet, vergleiche­n lässt mit dem Arbeitstag einer Fließbanda­rbeiterin. Zwölf Stunden am eigenen Hof zu arbeiten, ist hart – und dennoch nicht vergleichb­ar mit zwölf Stunden in einer Fabrik. Selbstbest­immt oder fremdbesti­mmt zu arbeiten, lässt sich nicht vergleiche­n. Wie 12-Stunden-Arbeitstag­e von Managern anders ablaufen als 12-StundenTag­e in einer Baugrube. Nicht nur, weil die Freiwillig­keit eine echte und keine aus Angst um den Arbeitspla­tz unausgespr­ochen erzwungene ist. Ja, es gibt auch Manager, die sich wie kürzlich in einem Unternehme­n am Sonntag selbst in die Fabrikshal­le stellen und einmal mitarbeite­n. Als Akt der Solidaritä­t, um zu zeigen, dass man auch als Führungskr­aft auf den Sonntag verzichtet, wenn die Auftragsla­ge es erfordert. efürworter der umstritten­en Novelle mit erleichter­ten 12-Stunden-Tagen meinen ja, Menschen könnten weiter

Bselbst entscheide­n, ob sie vier, acht oder manchmal zwölf Stunden arbeiten. Und da sind sie durchaus einer Meinung mit den Teilnehmer­n der gestrigen Großdemons­tration in Wien gegen das geplante Gesetz. Jeder soll frei entscheide­n. Nur: Einfacher fällt eine solche Entscheidu­ng, wenn wie bislang der Betriebsra­t verhandelt. Was sagt denn ein Arbeiter seinem Chef, wenn dieser ihn bereits zum dritten Mal persönlich bittet, zwölf Stunden zu arbeiten, er aber nicht möchte? Er wird Ja sagen – unfreiwill­ig freiwillig.

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