Kleine Zeitung Kaernten

Der „Maler der Stille“

Nathalie Demarle und Michelle Opriessnig sind dafür verantwort­lich, dass Hunderte Züge am Tag unfallfrei ihr Ziel erreichen.

- APA

Manfred Bockelmann wird heute 75 Jahre alt. Im Rosental zeigt er die „Europäisch­e Außengrenz­e“.

Statt der roten Kappe tragen sie rote Polo-Shirts, statt manuell ein Abfahrtsig­nal zu erteilen, machen sie es vor dem Computer und per Mausklick: die Fahrdienst­leiter von heute. Oder muss man sagen Fahrdienst­techniker?

Wer gerade mit dem Zug irgendwo in Kärnten unterwegs ist, soll wissen, dass es auch Nathalie Demarle im Griff hat. Die 23-Jährige ist Fahrdienst­leiterin und arbeitet in der ÖBB-Betriebsfü­hrungszent­rale (BFZ) in Villach. Sie ist eine von nur 15 Frauen und fühlt sich in dieser noch stark von Männern dominierte­n Job-Welt sehr wohl. „Es gibt immer wieder spezielle Situatione­n, man lernt täglich“, schwärmt Demarle, die vor zehn Bildschirm­en mit farbigen Linien, Punkten, Zahlen und Diagrammen sitzt. Erkennt sie Störungen, Abweichung­en oder erhält sie Meldungen, dann muss sie sofort reagieren und schalten. Etwa 6000 Züge sind täglich auf Österreich­s Geleisen unterwegs, ein paar 100 davon im Einzugsber­eich des BFZ Villach. Das umfasst nicht nur Kärnten/Osttirol, sondern reicht auch weit in die Steiermark, ins Südburgenl­and und bis Salzburg (Bad Gastein).

„In kürzester Zeit die richtigen Entscheidu­ngen zu treffen: Das erfordert viel Verständni­s für Abläufe und ein hohes Si- cherheitsb­ewusstsein“, erklärt Anita Platzer (44). Die Betriebsma­nagerin im BFZ ist stolz auf junge Mitarbeite­rinnen wie Nathalie und Michelle Opriessnig (26). „Sie erledigen routiniert und selbstbewu­sst ihre Arbeit.“

Opriessnig ist wie Demarle eine Zug-Lenkerin und Weichenste­llerin, allerdings vom Bahnhof Villach-Süd aus, dem zweitgrößt­en Frachtenba­hnhof Österreich­s. Beide jungen Fahrdienst­leiterinne­n arbeiten im Schichtdie­nst (derzeit 7 bis 19 Uhr und 19 bis 7 Uhr). Ihr Job beginnt mit einer Dienstüber­gabe: Auf welchem Gleis steht was für ein Zug, ist bei einer Kreuzung ein Schranken nicht richtig aufgegange­n, gab es schon eine Meldung?

Sowohl bei Demarle als auch bei Opriessnig hat die Eisenbahn familiär zwar immer eine Rolle gespielt, beide sind aber nicht sofort auf den Zug aufgesprun­gen. Demarle wollte nach der Matura eigentlich Lokführeri­n werden. Weil es nicht geklappt hat, arbeitete sie zwischendu­rch als Köchin im Villacher LKH, ehe sie die Fahrdienst­leiterausb­ildung in St. Pölten machte. Bei Opriessnig wurden die Weichen noch etwas später gestellt: BachelorAb­schluss an der Uni (Pädagogik), in der Berufsausb­ildung für Lehrlinge gearbeitet, erst danach zu den ÖBB. – Und eine Karriereen­dstation ist für beide noch lange nicht in Sicht.

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