Wie geht es weiter? Streit zwischen CDU und CSU eskaliert. Seehofer will zurücktreten. Regierung wackelt.
Bayerns CSU ist mit den von Kanzlerin Merkel ausgehandelten EU-Gipfelbeschlüssen nicht zufrieden. Horst Seehofer bietet Rücktritt an.
Der Asylstreit in Deutschland zwischen CDU und CSU hat eine dramatische Entwicklung genommen. Horst Seehofer hat am späten Abend nach einer Sitzung der CSUSpitze in München den Rücktritt von seinen Ämtern als Innenminister und Parteichef angeboten. Unklar war, ob damit der erbittert geführte Konflikt um die Flüchtlingspolitik beendet ist oder die Ankündigung ein taktischer Schritt war. Zuvor hatte Seehofer die Pläne der Kanzlerin Angela Merkel für den künftigen Umgang mit Migranten harsch kritisiert.
Unklar blieb, ob Seehofer seinen Rücktritt tatsächlich umsetzen wird. In CSU-Kreisen hieß es, Seehofer habe drei mögliche Lösungen des Streits mit der CDU angekündigt: Aufgabe der CSU-Position, deren
oder seinen Rücktritt. Die Drohung Seehofers, seine Ämter aufzugeben, sorgte für Überraschung in der CSU. Landesgruppenchef Alexander Dobrindt wurde von Teilnehmern mit den Worten zitiert, er könne „das so nicht akzeptieren“. Die CSU-Führung zog sich daraufhin zu einer internen Beratungsrunde bis in die Nacht Zuvor hatte Seehofer laut Teilnehmern gesagt, er habe niemals die Fraktionsgemeinschaft der CSU mit der CDU und auch nicht die Regierung infrage gestellt.
Erste Reaktionen aus der CDU zeigten das Ausmaß der Skepsis, das inzwischen das Verhältnis zwischen den SchwesterUmsetzung parteien prägt. Schleswig-Holsteins Regierungschef Daniel Günther sagte, ein Rücktritt „wäre die nächste Eskalationsstufe“. In der Sache helfe das nicht weiter.
Zuvor hatte sich auch nach stundenlangen Krisensitzungen keine Lösung im Streit um die Flüchtlingspolitik abgezeichnet. Im Gegenteil: Die CSU lehnte Teile der Pläne von Merkel ab. Ein Bruch der Fraktionsgemeinschaft sowie ein Ende der Koalition schienen weiter möglich. Aus der CSU hieß es, es gebe noch keine gemeinsame Linie mit der CDU. Seehofer lehnte vor allem einen Vorschlag Merkels ab. Demnach sollen Migranten, die nach Deutschland gekommen sind, nachdem sie in einem anderen EU-Land als Asylbewerber registriert worden waren, in Ankerzentren untergebracht werden. Das sei eine Verschlechtezurück. rung gegenüber dem Status quo. Seehofer habe erklärt, wenn der Punkt umgesetzt werde, dann „ziehen wir die Verfahren nach Deutschland“. Das löse „massive Pull-Effekte aus“. Er betonte auch, dass die Einigung in Brüssel zwischen den EU-Partnern „sinn- und bedeutungslos“sei.
Zur selben Zeit tagte die CDU-Führung in Berlin. Dort sprach Merkel nach Auskunft von Teilnehmern von einer „sehr ernsten Situation“, in der sich die Union befinde. Zuvor hatte Merkel in einem letzten Appell versucht, die CSU zu besänftigen. In einem am Mittag aufgezeichneten Sommerinterview mit dem ZDF ging Merkel einen Schritt auf die CSU zu und erklärte, sie sei „sicher auch ein Stück“von der bayerischen Schwesterpartei angespornt worden, eine europäische Lösung in der Migrationsfrage zu finden.