Kleine Zeitung Kaernten

Allein gegen die „Macht-Mafia“

Ein Linker mit konservati­ven Ansichten wird Mexikos neuer Präsident.

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Der Mann, der Mexiko revolution­ieren will, ist 64 Jahre alt, hat eine schrille Stimme und ein Durchhalte­vermögen, das selbst Gegnern Respekt abnötigt. Andrés Manuel López Obrador, kurz AMLO, hat gerade seinen dritten Präsidents­chaftswahl­kampf hinter sich gebracht. Zwölf Jahre war er praktisch im Wahlkampfm­odus. Schon 2006 und 2012 war der Linkspolit­iker jeweils fast am Ziel, verlor dann aber knapp gegen seine konservati­ven Gegenkandi­daten. López Obrador sei ein Gläubiger „jenseits der Vernunft“, sagt der Politologe Jesús Silva-Herzog, weil er an das „Unerreichb­are glaubt“. Das, was unerreichb­ar schien, ist seit Sonntag Realität, und der 1. Juli 2018 wird als historisch in die mexikanisc­he Geschichte eingehen. Das zweitgrößt­e Land Lateinamer­ikas und die zweitgrößt­e Volkswirts­chaft der Region hat nun erstmals in der Geschichte einen Linkspräsi­denten, der nichts weniger verspricht, als die „Macht-Mafia“abzulösen. AMLO will Mexiko auf neue Grundfeste­n stellen und dabei die Armen in den Fokus rücken. Ganz nebenbei hat López Obrador sich seinen politische­n Lebenstrau­m erfüllt, den er schon hegte, als er im armen Bundesstaa­t Tabasco in einfachen Verhältnis­sen heranwuchs. In seiner ersten Rede nach Bekanntgab­e der Ergebnisse wirkte er fast schon erschrocke­n angesichts des Erdrutschs­iegs, den er mit 53 Prozent der Stimmen erzielte. Zumindest beim Thema Bestechlic­hkeit besteht bei ihm wirklich Hoffnung. Obrador lebt die Bescheiden­heit vor, die er predigt. Und das ist schon viel in einem Land, in dem die Regenten gerne einen Lebensstil pflegen, der an den der Vizekönige zu Kolonialze­iten erinnert.

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LÓPEZ OBRADOR

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