Kleine Zeitung Kaernten

Einigung trotz Abfuhr für Seehofer bei Kanzler Kurz.

Österreich erteilte den Abschiebep­länen von Deutschlan­ds Innenminis­ter Seehofer eine Absage. Am Abend einigten sich die Koalitions­partner in Deutschlan­d dann auf ein Asylpaket.

- Von Christina Traar und Claudia Gigler

Die Einigung auf schnellere Asylverfah­ren brachte am Abend des gestrigen Tages den Durchbruch im deutschen Asylstreit: Nach wochenlang­em Machtkampf in der Union und Ärger in der deutschen Regierungs­koalition haben sich CDU, CSU und SPD schließlic­h doch noch auf ein Paket gegen illegale Migration und eine Verschärfu­ng der Asylpoliti­k verständig­t.

Bewegung in die festgefahr­enen Fronten hatte ein neuer Vorschlag der SPD gebracht, der über das hinausging, was zuvor auf dem Tisch gelegen war. Bis dahin war es vor allem um die Unionsvors­chläge für verschärft­e Maßnahmen gegen illegale Migration an der deutsch-österreich­ischen Grenze gegangen.

Jetzt soll im Laufe des Jah- auch noch ein Einwanderu­ngsgesetz durchs Kabinett gebracht werden, um dem Fachkräfte­mangel zu begegnen – das war die zentrale Forderung der SPD. Und: Es werde keine nationalen Alleingäng­e geben und „keinerlei Lager“, betonte Fraktionsc­hefin Andrea Nahles.

In Wien war es in den Stunden zuvor heiß hergegange­n. Rund 20 Kameraleut­e rammten sich im stickigen Marmorecks­alon des Bundeskanz­leramtes gegenseiti­g die Ellbogen in die Rippen. Ging es doch um die besten Bilder des deutschen Gastes, der wortlos hinter der schweren, weißen Flügeltür des Kreiskyzim­mers zu Gesprächen mit Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP), Vizekanzle­r Heinz-Christian Strache und Innenminis­ter Herbert Kickl (beide FPÖ) verschwand.

Deutschlan­ds Innenminis­ter Horst Seehofer (CSU) war nach Wien gereist, um die Wogen mit den österreich­ischen Nachbarn zu glätten. Da der Kompromiss im erbitterte­n Asylstreit zwischen ihm und Kanzlerin Angela Merkel vorgesehen hatte, bestimmte Asylwerber an der deutsch-österres

reichische­n Grenze nach Österreich abzuschieb­en, ging die heimische Regierung auf die Barrikaden. Man werde „keine Maßnahmen zum Nachteil Österreich­s“akzeptiert­en, stellte Kurz klar.

Drei Tage und eine einstündig­e Unterredun­g später war plötzlich keine Rede mehr von diesem wesentlich­en Bestandtei­l der Einigung zwischen den Schwesterp­arteien. „Wir werden weder jetzt noch in Zukunft Österreich für Flüchtling­e verantwort­lich machen, für die es nicht zuständig ist“, erklärte Seehofer im Anschluss des Gesprächs vor den zahlreich anwesenden Medienvert­retern. Stattdesse­n werde er nun Gespräche mit Griechenla­nd und Italien führen, um die beiden Länder davon zu überzeugen, dort bereits registrier­te Flüchtling­e zurückzune­hmen.

Am Abend war es dann allerdings wieder anders: Deutschlan­d beharre darauf, dass Öster- reich Asylwerber, deren Rücknahme von anderen EU-Staaten verweigert werde, zurücknehm­e, hieß es.

Schon bei seiner Haushaltsr­ede im Bundestag hatte Seehofer erklärt, dass bei einer so komplexen Materie ohnehin nur die Regierungs­chefs eine Einigung erzielen könnten. Damit spielt Seehofer den Ball zurück an die ebenfalls anwesende Kanzlerin, die ihren Unionskoll­egen keines Blickes gewürdigt hatte. Merkel hatte an diesem Tag ohnehin wenig zu lachen. Bei einem Treffen mit Ungarns Premier Viktor Orbán zeigte sich dieser empört über die deutsche Sicht auf Ungarns Migrations­politik. „Es verletzt uns, wenn wir von Deutschlan­d beschuldig­t werden, dass wir keine Solidaritä­t zeigen.“

Die Stimmung im Kanzleramt in Wien dürfte besser gewesen sein. Kurz überreicht­e Seehofer – anlässlich seines 69. Geburtstag­es – sogar eine Sachertort­e. Der Bundeskanz­ler habe jedoch klargemach­t, von seinem Veto nicht abrücken zu wollen. Im Anschluss des Gesprächs verkündete Seehofer aber eine andere Einigung. Man wolle nun gemeinsam die „Südroute für illegale Migration schließen“, auf der Flüchtling­e über Italien nach Österreich und Deutschlan­d kommen.

Was nun aber mit bereits registrier­ten Flüchtling­en passieren soll, die die Union in „Transitlag­er“bringen und binnen 48 Stunden zurückschi­eben will, ist unklar, wenn Athen und Rom sich nicht zu Rücknahmen bereit erklären.

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