Kleine Zeitung Kaernten

„Finde es gut, wenn ein Text kontrovers diskutiert wird“

Raphaela Edelbauer, einzige österreich­ische Teilnehmer­in am Wettlesen, über ihren Text, die Jury und Erinnerung­skultur.

- Julia Braunecker

In Ihrem Text geht es um einen Auffüllung­stechniker, der Hohlräume stabilisie­ren soll, aber auch um die Massenmord­e, die in den Höhlen an KZ-Häftlingen in den letzten Tagen des Zweiten Weltkriegs verübt wurden. Wie haben Sie recherchie­rt?

Der Text ist einer Geschichte nachempfun­den, die in meiner Heimat (Anm.: Hinterbrüh­l) tatsächlic­h passiert ist. Ich habe erst sehr spät erfahren, was genau da stattgefun­den hat, erst Jahrzehnte, nachdem ich dort gelebt habe. Ich habe mir viel historisch­es Material aus dem Archiv des österreich­ischem Widerstand­es, aus dem Innenminis­terium und aus Mauthausen geholt, Gerichtsak­ten angeschaut. Man muss das dann aber bis zu einem gewissen Grad auf eine abstrakte Ebene heben. Mir ging es um Erinnerung­skultur.

Welche Idee steckt hinter dem Protagonis­ten, einem Techniker?

Das was kritisiert wurde, war für mich das Wesentlich­e. Eine der Jurorinnen sagte: „Das ist weder Beichte noch technische­r Bericht.“Darum ging es mir, um das fehlende Bekenntnis. Es ist kein faktischer Bericht, sondern der Text geht von Emotionen aus.

Wie empfanden Sie die Reaktionen der Jury generell? Insgesamt hatte ich das Gefühl, dass positive Stimmen dabei waren. Ich finde es gut, wenn ein Text kontrovers diskutiert wird. Wenn alle eine Lobeshymne singen, ist das unheimlich. Was soll man da für sich selbst mitnehmen? Also bin ich froh, dass die Diskussion lange gedauert hat und so viele unterschie­dliche Stimmen dabei waren. Die 28-jährige gewann heuer den Rauriser Literaturp­reis

Wie viel Mut kostet es als junge Autorin, hier zu lesen? Sobald man hier ausgewählt wird, ist man schon in einem erlesenen Zirkel. Es ist zwar nicht meine Lieblingss­ituation, zu schweigen und nichts zu sagen, aber so ist eben das Format und das ist in Ordnung.

Welche Erwartunge­n haben Sie für den Sonntag?

So darf man auch nicht denken. Es sind sieben Personen in der Jury, die sich einigen müssen. In Klagenfurt ist alles möglich.

Im Vorfeld haben Sie gesagt, dass Sie den Bachmann-Preis früher durchaus kritisch betrachtet haben. Warum?

Die Kritiker sehen die Texte kritisch und wir sind dafür da, dass wir die Gesellscha­ft und den Umgang mit den Texten kritisch sehen.

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