Josef Winkler und andere verraten ihre Buchtipps.
Mit den Deutschen Bov Bjerg, Ally Klein und der Ukrainerin Tanja Maljartschuk lasen gestern drei Preisanwärter.
Am Ende des Vormittags stand ein Stoßseufzer: „Endlich Literatur, wir sind erleichtert!“, freute sich Jurorin Nora Gomringer über den Beitrag der in Wien lebenden Ukrainerin Tanja Maljartschuk. Und Jury-Kollege Michael Wiederstein zeigte sich ebenfalls zufrieden, „dass wir endlich eine richtige Geschichte haben“. Die Erlebnisse des Migranten Petro, der sich mit der dementen Frau Grill anfreundet, haben jedenfalls das Zeug dazu, in die finale Abstimmungsrunde zu kommen.
Das gilt auch für den hochgelobten Text von Bov Bjerg. Der bereits arrivierte deutsche Autor („Auerhaus“), der 2001 am Klagenfurter Literaturkurs teilgenommen hatte, eröffnete mit einem „spektakulär unspektakulären“(Insa Wilke) RoadTrip eines Vaters mit seinem Sohn den Nachmittag des zweiten Lesetages. Das sei ein „wirklich radikal erzählter Text“, lobte Hildegard E. Keller, die am Vormittag beim pornografischen Text der Deutschen Corinna T. Sievers über die sexuelle Obsession einer Zahnärztin Radikalität vermisst hatte: „Dieser Text bleibt stecken in der Pose der Provokation.“
Weniger Einhelligkeit herrschte beim Auftritt der Berlinerin Ally Klein, deren Debütroman „Carter“im August bei Droschl erscheinen wird. Während Klaus Kastberger die Sogwirkung gefiel, die die Sprache (nicht zuletzt durch den akzentuierten Vortrag der Autorin) auf das Publikum ausübte und Stefan Gmünder präzisen Erzählton und Sinnlichkeit des „tollen Textes“lobten, fand ihn Hubert Winkels „etwas öde“und Insa Wilke störten „falsche Bilder und Ungenauigkeiten“. Wenig gefeiert wurde abschließend der Deutsche Anselm Neft, auch wenn der an diesem Tag seinen 45. Geburtstag beging. Seine Geschichte „Mach’s wie Miltos!“über einen alkoholkranken Obdachlosen, der „aus dem Leben geschleudert wurde“(Wilke), machte die Jury ratlos: „Man weiß nicht, was die richtige Geschichte ist“(Winkels) und „Ist das jetzt ein Schizophrener?“(Keller) charakterisiert die eher geringen Chancen des „überinstrumentalisierten“Textes (Gmünder).
Wem Klaus Kastberger die besten Chancen für den Ausklang des Tages wünschte, trug er vielsagend vor sich her: „Brasilia“prangte da unübersehbar auf dem Fan-T-Shirt des Literaturkritikers, der nach den Mühen des Tages wohl dem abendlichen WM-Fußball-Spiel entgegenfieberte.