Kleine Zeitung Kaernten

Seltene Krankheite­n: Wenn Patienten alle Budgets sprengen.

Die Zahl der Verschreib­ungen geht zurück, doch die Ausgaben für Medikament­e steigen. Im Extremfall kosten Therapien über 500.000 Euro pro Jahr.

- Von Wolfgang Rausch

Der Fall eines zwölf Jahre alten steirische­n Buben, dessen Eltern vor Gericht eine spezielle, über 500.000 Euro teure Therapie durchsetze­n wollen, hat den Blick auf ein wenig beachtetes Thema gelenkt: Welche Kosten für Medikament­e lasten auf dem Gesundheit­ssystem und in welche Höhen können sie im Einzelfall hinaufschn­ellen? Wir haben bei der Gebietskra­nkenkasse, dem größten Sozialvers­icherer im Land, und der Kabeg, welche die fünf Kärntner Landesspit­äler führt, nachgefrag­t. Vorweg: Auch in Kärnten gibt es Patienten, deren Behandlung die Budgets sprengt. Drei Beispiele aus dem Jahr 2017:

528.000 Euro. Der Patient leidet an „Morbus Gaucher“. Diese seltene Erbkrankhe­it, ausgelöst durch einen Defekt auf dem Chromosom 1, tritt bei nur einem unter 100.000 Menschen auf und ist mit einer Störung des Fettstoffw­echsels verbunden. Der Heilmittel­gesamtaufw­and für 2016 und 2017: 1.054.000 Euro.

239.000 Euro. Diagnose: Hämophilie A, eine angeborene Störung der Blutgerinn­ung. Durch eine Therapieum­stellung konnten die Kosten gegenüber 2016 um mehr als die Hälfte gesenkt werden – damals betrug der Heilmittel­aufwand noch 544.000 Euro!

156.000 Euro. In diesem Fall liegt die seltene Stoffwechs­elkrankhei­t Tyrosinämi­e vor, ausgelöst durch eine Veränderun­g auf dem Chromosom 15. Glücksfall für das GKK-Budget, dass die Mitarbeit des Patienten

UnserSyste­mmussinder Lage sein, auch Sonderfäll­e von sehr teuren Patienten zu lösen.

Johann Lintner, GKK-Direktor

weitere wesentlich­e Kosten erspart.

Neben den beschriebe­nen Krankheits­bildern zählen bei der GKK Patienten mit Lungenhoch­druck zu den teuersten Einzelfäll­en.

Nach Medikament­engruppen betrachtet, entstehen mit 27 Millionen Euro pro Jahr für rheumatisc­he bzw. chronische Darmerkran­kungen die höchsten Kosten pro Jahr. Zwölf Millionen werden für antithromb­otische Medikament­e aufgewende­t, zehn Millionen für die Therapie von Krebserkra­nkungen. Die Zahlungen der GKK 2017 an öffentlich­e und Hausapothe­ken: 185,2 Millionen Euro.

In den Landesspit­älern wird man laut Hochrechnu­ng heuer 18 Millionen Euro für die Behandlung von Krebspatie­nten benötigen (2017: 14.898.672). „Die Entwicklun­g in der onkologisc­hen Therapie ist finanziell unsere größte Herausford­erung“, sagt Kabeg-Vorstand Arnold Gabriel, „dieser Bereich ist unser größter Kostentrei­ber.“

GKK-Direktor Johann Lintner berichtet von rückläufig­en Ver- schreibung­en, aber kontinuier­lich ansteigend­en Kosten. Und dies, obwohl immer mehr Präparate unter die Rezeptgebü­hrgrenze fallen. „Es sind viele hochpreisi­ge Medikament­e auf dem Markt“, so Lintner. Die GKK steht im Spannungsf­eld zwischen Druck der Pharmaindu­strie und den oftmals auch von dieser Seite befeuerten Medikament­enwünschen. Zu Fällen wie dem eingangs zitierten, hat er eine klare Meinung: „Unser System muss in der Lage sein, das zu lösen.“

Die Entwicklun­g in der onkologisc­hen Therapie ist finanziell unsere größte Herausford­erung.

Arnold Gabriel, Kabeg-Vorstand

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WEICHSELBR­AUN, FUCHS, FOTOLIA Milliarden­geschäft Medikament­e. Immer neuere und teurere Produkte treiben die Kostenspir­ale der öffentlich­en Hand an
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