Seltene Krankheiten: Wenn Patienten alle Budgets sprengen.
Die Zahl der Verschreibungen geht zurück, doch die Ausgaben für Medikamente steigen. Im Extremfall kosten Therapien über 500.000 Euro pro Jahr.
Der Fall eines zwölf Jahre alten steirischen Buben, dessen Eltern vor Gericht eine spezielle, über 500.000 Euro teure Therapie durchsetzen wollen, hat den Blick auf ein wenig beachtetes Thema gelenkt: Welche Kosten für Medikamente lasten auf dem Gesundheitssystem und in welche Höhen können sie im Einzelfall hinaufschnellen? Wir haben bei der Gebietskrankenkasse, dem größten Sozialversicherer im Land, und der Kabeg, welche die fünf Kärntner Landesspitäler führt, nachgefragt. Vorweg: Auch in Kärnten gibt es Patienten, deren Behandlung die Budgets sprengt. Drei Beispiele aus dem Jahr 2017:
528.000 Euro. Der Patient leidet an „Morbus Gaucher“. Diese seltene Erbkrankheit, ausgelöst durch einen Defekt auf dem Chromosom 1, tritt bei nur einem unter 100.000 Menschen auf und ist mit einer Störung des Fettstoffwechsels verbunden. Der Heilmittelgesamtaufwand für 2016 und 2017: 1.054.000 Euro.
239.000 Euro. Diagnose: Hämophilie A, eine angeborene Störung der Blutgerinnung. Durch eine Therapieumstellung konnten die Kosten gegenüber 2016 um mehr als die Hälfte gesenkt werden – damals betrug der Heilmittelaufwand noch 544.000 Euro!
156.000 Euro. In diesem Fall liegt die seltene Stoffwechselkrankheit Tyrosinämie vor, ausgelöst durch eine Veränderung auf dem Chromosom 15. Glücksfall für das GKK-Budget, dass die Mitarbeit des Patienten
UnserSystemmussinder Lage sein, auch Sonderfälle von sehr teuren Patienten zu lösen.
Johann Lintner, GKK-Direktor
weitere wesentliche Kosten erspart.
Neben den beschriebenen Krankheitsbildern zählen bei der GKK Patienten mit Lungenhochdruck zu den teuersten Einzelfällen.
Nach Medikamentengruppen betrachtet, entstehen mit 27 Millionen Euro pro Jahr für rheumatische bzw. chronische Darmerkrankungen die höchsten Kosten pro Jahr. Zwölf Millionen werden für antithrombotische Medikamente aufgewendet, zehn Millionen für die Therapie von Krebserkrankungen. Die Zahlungen der GKK 2017 an öffentliche und Hausapotheken: 185,2 Millionen Euro.
In den Landesspitälern wird man laut Hochrechnung heuer 18 Millionen Euro für die Behandlung von Krebspatienten benötigen (2017: 14.898.672). „Die Entwicklung in der onkologischen Therapie ist finanziell unsere größte Herausforderung“, sagt Kabeg-Vorstand Arnold Gabriel, „dieser Bereich ist unser größter Kostentreiber.“
GKK-Direktor Johann Lintner berichtet von rückläufigen Ver- schreibungen, aber kontinuierlich ansteigenden Kosten. Und dies, obwohl immer mehr Präparate unter die Rezeptgebührgrenze fallen. „Es sind viele hochpreisige Medikamente auf dem Markt“, so Lintner. Die GKK steht im Spannungsfeld zwischen Druck der Pharmaindustrie und den oftmals auch von dieser Seite befeuerten Medikamentenwünschen. Zu Fällen wie dem eingangs zitierten, hat er eine klare Meinung: „Unser System muss in der Lage sein, das zu lösen.“
Die Entwicklung in der onkologischen Therapie ist finanziell unsere größte Herausforderung.
Arnold Gabriel, Kabeg-Vorstand