Kleine Zeitung Kaernten

Ein politische­r Dinosaurie­r

Horst Seehofer bleibt erratisch. Er provoziert trotz Einigung weiter.

- Ingo Hasewend

Wenn man Horst Seehofers Gespür für die Macht und rabiate Art zur Durchsetzu­ng seiner Ziele verstehen will, muss man bis in seine Jugend zurückgehe­n. Er sei spindeldür­r und hochgewach­sen gewesen und deshalb oft als „Lulatsch“gehänselt worden, gestand der CSU-Chef einmal in einem Interview. „Besonders die Größe war eher außergewöh­nlich. Ich hatte immer Hochwasser­hosen, weil meine Mutter nicht dauernd die Hose wieder auslassen wollte, was zu Hänseleien führte.“Es sei lustig und gleicherma­ßen diskrimini­erend gewesen. Das prägte, denn Weggefährt­en und Gegner können heute gleicherma­ßen bezeugen, dass der Ingolstädt­er in der Politik ebenso agiert. Er kann mit seinen Sprüchen ein Bierzelt zum Kochen bringen. Doch sein derber Humor, seine brachiale Art hat schon viele Verletzung­en selbst bei engsten Verbündete­n hinterlass­en. Er ist ein absolutes Alphatier.

Der 69-Jährige kann auf eine Karriere in der Politik zurückblic­ken wie kaum einer in Deutschlan­d. 1980 erstmals im Bundestag, ein Jahrzehnt Ministerpr­äsident in Bayern und zum dritten Mal bereits Bundesmini­ster, aktuell verantwort­lich für das Innere. Seehofer will Politik für die schweigend­e Mehrheit machen, weshalb er sich so wenig an Kompromiss­e gebunden fühlt. Die Bayern haben ihn dafür lange geliebt. Das führt auch immer wieder zu Wendemanöv­ern, die selbst politische Freunde irritieren. Gestern schon wieder. Am Abend zuvor noch die Einigung mit der SPD und der CDU. Nun droht er schon wieder mit einer Neuauflage des Asylstreit­s, wenn es keine Vereinbaru­ngen mit den EU-Partnern gibt. Für Seehofer ist es zu einem Endspiel um die Glaubwürdi­gkeit geworden.

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APA Wen Gott liebt, den lässt er in Bayern leben: CSU-Chef und Innenminis­ter Seehofer

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