Wie Spermidin die Zellen reinigt
Der„Jungbrunnen“für unsere Zellen: wie Sie Spermidin in die Ernährung einbauen.
Es begann mit der Hefe, setzte sich fort mit Fliegen und Mäusen – nun liegen erste Beweise für den Menschen vor: Der Stoff Spermidin, der im Körper in hoher Konzentration im Sperma vorhanden ist, kann Menschen länger gesund und jung halten. Im Jahr 2013 sorgte der Grazer Forscher Frank Madeo mit seinen Ergebnissen zu Spermidin zum ersten Mal für weltweites Aufsehen:
Er und sein Forscherteam zeigten, dass Spermidin das Gehirn „verjüngen“kann und damit ein mögliches Mittel gegen Demenz sein könnte. Auf diese Entdeckung folgten weltweit Studien, die die Wirkung von Spermidin an den unterschiedlichsten Modellorganismen untersuchten – von der Fliege bis zur Maus. Dabei zeigte sich unter anderem, dass Spermidin auch auf das Herz eine verjüngende Wirkung hat. An der Med Uni Innsbruck wurde nun erstmals in einer Studie der Zusammen- hang zwischen Spermidin und einem längeren, gesünderen Leben beim Menschen gezeigt.
„Wir haben mehr als 800 Menschen über 20 Jahre lang regelmäßig dazu befragt, was und wie viel davon sie essen“, erklärt der Studienverantwortliche Stefan Kiechl. Dabei zeigte sich, dass jene Menschen, die viel Spermidin über die Ernährung zu sich nehmen, länger leben – „der Überlebensvorteil beträgt rund fünf Jahre“, sagte Kiechl.
Vollkornprodukte, Salat, Äpfel, Pilze, Nüsse, gereifter Käse sowie Sojaprodukte sind reich an Spermidin – viele Produkte also, die man einer gesunden Ernährung zuordnen würde. Woher weiß man nun, dass es Spermidin ist, das die Menschen gesund hielt? „Das schließen wir aus den Forschungserkenntnissen, die wir aus dem Labor kannten“, sagt Kiechl. Dort hatte sich nämlich gezeigt, was Spermidin im Körper macht: Der Stoff regt die Autophagie, einen Selbst- reinigungsprozess der Zelle an. Dabei werden in den Zellen „kaputte“Bestandteile abgebaut – dadurch hält sich die Zelle sauber und gewinnt gleichzeitig Energie. Ohne Autophagie würde sich der zelluläre Müll ablagern und über kurz oder lang die Funktion der Zelle behindern. Die Autophagie wird im Alter schlechter – und dadurch entstehen typische Alterserkrankungen wie Demenz, Krebs oder die Arterienverkalkung.
Neben Spermidin kennt man noch einen zweiten Schlüssel, der die Autophagie anregt: das Fasten. „Wir wissen heute noch nicht, ob Fasten größere Effekte hat, als Spermidin über die Ernährung aufzunehmen“, sagt Forscher Madeo. Es könnte sein, dass sich die Wirkung von Fasten und Spermidin addiert. „Eine spermidinreiche Ernährung kann jedoch eine Alternative für Menschen sein, die nicht fasten wollen“, sagt Madeo. Kiechl hofft, dass seine Forschungsergebnisse mehr Menschen dazu bringen, sich gesund zu ernähren – denn dass gesundes Essen wirkt, wurde einmal mehr bewiesen.