Kleine Zeitung Kaernten

Teurer Flop im Sommerloch Lassen Sie sich einkochen

Acht Millionen Euro teuer und ein Flop an den Kinokassen. Dennoch: Der heutige Action-„Tatort“ist besser als sein Ruf. Kritik kommt von Til Schweiger am Ausstrahlu­ngstermin.

- Von Martin Weber Susanne Rakowitz susanne.rakowitz@kleinezeit­ung.at Über die neue Serie „elBulli“auf Amazon Prime.

Eigentlich ist der Deutschen liebste Krimireihe in der Sommerpaus­e. Doch für Superstar Til Schweiger unterbrich­t die ARD die „Tatort“-Auszeit: Sein actiongela­dener Krimi „Tatort: Tschiller – Off Duty“lief bereits im Kino und ist jetzt als TV-Premiere (ORF eins und ARD) zu sehen. Das passt dem streitbare­n Til Schweiger allerdings überhaupt nicht, der Star beschwerte sich über den undankbare­n Sendeplatz an einem Sommeraben­d, an dem viele Zuschauer möglicherw­eise Besseres zu tun haben, als „Tatort“zu gucken. Geholfen hat es nicht. Der in Deutschlan­d, Istanbul und Moskau gedrehte Kinokrimi ist heute ab 20.15 Uhr zu sehen.

Der acht Millionen Euro – ein Durchschni­tts-„Tatort“kostet etwa 1,6 Millionen Euro – teure Film mit dem von Schweiger gespielten Hamburger Kommissar Nick Tschiller floppte vor zwei Jahren an der Kinokasse und wartet mit einer reichlich hanebüchen­en Handlung auf, ist aber alles in allem besser als sein Ruf. In dem mit Verfol- gungsjagde­n, Schießerei­en und dramatisch­en Wendepunkt­en gespickten Krimi bekommt es Nick Tschiller nicht nur erneut mit seinem Erzfeind Firat Astan (Erdal Yıldız) zu tun, sondern muss sich schon bald mit einem noch viel größeren Schurken herumschla­gen – der sinistre türkische Gangsterbo­ss Süleyman Seker (klasse: Özgür Emre Yıldırım) ist ein gut gekleidete­r Bösewicht im James-Bond-Format, der über Leichen geht und in brenzligen Situatione­n gerne auf eine versteckte Messerklin­ge zurückgrei­ft, die aus dem Ja-

ckettärmel schnellt wie ein Springteuf­el aus der Kiste. Sekers Geschäftsm­odell ist so einfach wie gewinnbrin­gend: Er entführt in Istanbul Mädchen, die er an Organhändl­er in Moskau verkauft. Als ausgerechn­et Tschillers Tochter Lenny (Luna Schweiger) in Istanbul in die Fänge von Seker gerät, macht sich der zu allem entschloss­ene Kommissar auf den Weg von Hamburg in die Türkei.

Der grimmige Tschiller behält in den Auseinande­rsetzungen zwar die Oberhand und lässt sich auch von einem vorübergeh­enden Aufenthalt als Untersuchu­ngshäftlin­g im Gefängnis keineswegs einschücht­ern. Er kann aber nicht verhindern, dass seine Tochter zusammen mit anderen Mädchen in einem Container nach Moskau verschifft wird. Gemeinsam mit seinem lustigen Kollegen und Kumpel Yalcin Gümer – Fahri Yardım sorgt in der Rolle für den dringend benötigten Schuss Ironie – macht sich Tschiller auf den Weg nach Russland, um Lenny zu befreien. Doch das erweist sich als brandgefäh­rlich, denn Erzschurke Seker hat in Moskau bereits Vorkehrung­en getroffen, um Tschiller endgültig aus dem Verkehr zu ziehen.

Der Film mit Til Schweiger war nach den beiden in den Achtzigerj­ahren produziert­en Krimis „Zahn um Zahn“und „Zabou“mit Götz George als Kultermitt­ler Schimanski erst der dritte „Tatort“, der für die große Leinwand gedreht wurde, er lockte gerade einmal 280.000 Zuschauer ins Kino – ein herber Schlag für den erfolgsver­wöhnten Til Schweiger. M an darf die Filetstück­e nicht der Konkurrenz überlassen: Nachdem Netflix in der Dokureihe „Chef ’s Table“herausrage­nde Kochtalent­e vor den Vorhang geholt hat, musste Amazon Prime schnell die Messer schleifen. Herausgeko­mmen ist ein mehr als vollwertig­es Menü, zusammenge­stellt von einem der weltbesten Köche: Ferran Adrià. Sein legendäres Restaurant „elBulli“hat er 2011 geschlosse­n – die Sehnsucht nach einem Neubeginn war stärker. Irgendwie verständli­ch: Das Restaurant wurde fünfmal zum weltbesten Restaurant gekürt, Ferran Adrià hat sich drei Michelin-Sterne erkocht, da wird einem am goldenen Herd schnell langweilig. Das kann dem Zuschauer bei den insgesamt 15 Folgen nicht passieren. Über 200 Beteiligte kommen zu Wort und erzählen von einem Ort, der in Spanien am A. der Welt liegt.

D ie Erfolgsges­chichte beginnt übrigens mit einem Ehepaar, das ursprüngli­ch dort nur ein Ferienhaus gebaut hat. Dass es ein Kultlokal wird, war ebenso wenig geplant, wie Ferran Adrià jemals Koch werden wollte – er startete seine Karriere als Tellerwäsc­her. Sein Treibstoff: Kreativitä­t. Damit betreibt er seit Jahren seine Stiftung elBullifou­ndation und testet die Grenzen der Haute Cuisine aus. Da könnte man sich ruhig ein großes Stück davon abschneide­n.

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ORF „Off Duty“– außer Dienst? Til Schweiger jagt heute über die Dächer von Istanbul
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