Teurer Flop im Sommerloch Lassen Sie sich einkochen
Acht Millionen Euro teuer und ein Flop an den Kinokassen. Dennoch: Der heutige Action-„Tatort“ist besser als sein Ruf. Kritik kommt von Til Schweiger am Ausstrahlungstermin.
Eigentlich ist der Deutschen liebste Krimireihe in der Sommerpause. Doch für Superstar Til Schweiger unterbricht die ARD die „Tatort“-Auszeit: Sein actiongeladener Krimi „Tatort: Tschiller – Off Duty“lief bereits im Kino und ist jetzt als TV-Premiere (ORF eins und ARD) zu sehen. Das passt dem streitbaren Til Schweiger allerdings überhaupt nicht, der Star beschwerte sich über den undankbaren Sendeplatz an einem Sommerabend, an dem viele Zuschauer möglicherweise Besseres zu tun haben, als „Tatort“zu gucken. Geholfen hat es nicht. Der in Deutschland, Istanbul und Moskau gedrehte Kinokrimi ist heute ab 20.15 Uhr zu sehen.
Der acht Millionen Euro – ein Durchschnitts-„Tatort“kostet etwa 1,6 Millionen Euro – teure Film mit dem von Schweiger gespielten Hamburger Kommissar Nick Tschiller floppte vor zwei Jahren an der Kinokasse und wartet mit einer reichlich hanebüchenen Handlung auf, ist aber alles in allem besser als sein Ruf. In dem mit Verfol- gungsjagden, Schießereien und dramatischen Wendepunkten gespickten Krimi bekommt es Nick Tschiller nicht nur erneut mit seinem Erzfeind Firat Astan (Erdal Yıldız) zu tun, sondern muss sich schon bald mit einem noch viel größeren Schurken herumschlagen – der sinistre türkische Gangsterboss Süleyman Seker (klasse: Özgür Emre Yıldırım) ist ein gut gekleideter Bösewicht im James-Bond-Format, der über Leichen geht und in brenzligen Situationen gerne auf eine versteckte Messerklinge zurückgreift, die aus dem Ja-
ckettärmel schnellt wie ein Springteufel aus der Kiste. Sekers Geschäftsmodell ist so einfach wie gewinnbringend: Er entführt in Istanbul Mädchen, die er an Organhändler in Moskau verkauft. Als ausgerechnet Tschillers Tochter Lenny (Luna Schweiger) in Istanbul in die Fänge von Seker gerät, macht sich der zu allem entschlossene Kommissar auf den Weg von Hamburg in die Türkei.
Der grimmige Tschiller behält in den Auseinandersetzungen zwar die Oberhand und lässt sich auch von einem vorübergehenden Aufenthalt als Untersuchungshäftling im Gefängnis keineswegs einschüchtern. Er kann aber nicht verhindern, dass seine Tochter zusammen mit anderen Mädchen in einem Container nach Moskau verschifft wird. Gemeinsam mit seinem lustigen Kollegen und Kumpel Yalcin Gümer – Fahri Yardım sorgt in der Rolle für den dringend benötigten Schuss Ironie – macht sich Tschiller auf den Weg nach Russland, um Lenny zu befreien. Doch das erweist sich als brandgefährlich, denn Erzschurke Seker hat in Moskau bereits Vorkehrungen getroffen, um Tschiller endgültig aus dem Verkehr zu ziehen.
Der Film mit Til Schweiger war nach den beiden in den Achtzigerjahren produzierten Krimis „Zahn um Zahn“und „Zabou“mit Götz George als Kultermittler Schimanski erst der dritte „Tatort“, der für die große Leinwand gedreht wurde, er lockte gerade einmal 280.000 Zuschauer ins Kino – ein herber Schlag für den erfolgsverwöhnten Til Schweiger. M an darf die Filetstücke nicht der Konkurrenz überlassen: Nachdem Netflix in der Dokureihe „Chef ’s Table“herausragende Kochtalente vor den Vorhang geholt hat, musste Amazon Prime schnell die Messer schleifen. Herausgekommen ist ein mehr als vollwertiges Menü, zusammengestellt von einem der weltbesten Köche: Ferran Adrià. Sein legendäres Restaurant „elBulli“hat er 2011 geschlossen – die Sehnsucht nach einem Neubeginn war stärker. Irgendwie verständlich: Das Restaurant wurde fünfmal zum weltbesten Restaurant gekürt, Ferran Adrià hat sich drei Michelin-Sterne erkocht, da wird einem am goldenen Herd schnell langweilig. Das kann dem Zuschauer bei den insgesamt 15 Folgen nicht passieren. Über 200 Beteiligte kommen zu Wort und erzählen von einem Ort, der in Spanien am A. der Welt liegt.
D ie Erfolgsgeschichte beginnt übrigens mit einem Ehepaar, das ursprünglich dort nur ein Ferienhaus gebaut hat. Dass es ein Kultlokal wird, war ebenso wenig geplant, wie Ferran Adrià jemals Koch werden wollte – er startete seine Karriere als Tellerwäscher. Sein Treibstoff: Kreativität. Damit betreibt er seit Jahren seine Stiftung elBullifoundation und testet die Grenzen der Haute Cuisine aus. Da könnte man sich ruhig ein großes Stück davon abschneiden.