Autorin, Philologin, Journalistin und Bachmann-Preisträgerin
Tanja Maljartschuk (35) gewann gestern den Bachmann-Preis.
Als der Applaus aufbrandet, ist Tanja Maljartschuk verunsichert: „Was ist jetzt?“– „Du bist es, du hast gewonnen“, gratulieren ihre Autorenkollegen Lennardt Loß und Anselm Neft – und sie kann es kaum fassen. Warum beherrscht die Gewinnerin des 42. Ingeborg-Bachmann-Preises, die erst seit vier Jahren auf Deutsch schreibt, diese Sprache so gut? „Keine Ahnung“, stottert sie immer noch aufgelöst zwischen Fototermin und TV-Interview. „Vielleicht bin ich ein Genie!“, meint sie abschließend selbstironisch und mit Tränen in den Augen.
würden sich illegale Immigranten fühlen, die irgendwo in der Fremde landen, erklärt die Preisträgerin den Titel ihres gleich lautenden Textbeitrags, den sie eigens für den Wettbewerb verfasst hat. „Schön, schlank und ohne Schnörksel“sei diese Geschichte, hieß es in Stefan Gmünders Laudatio, der die Autorin eingeladen hatte. Mit Maljartschuks Kür wurde die mehrfach postulierte Freude der Jury über „einfach gut erzählte Geschichten“unterstrichen, die laut Resümee des Juryvorsitzenden Hubert Winkels den heurigen Wettbewerb kennzeichneten.
Auch der Gewinner des im Vorjahr erstmals vergebenen Deutschlandfunk-Preises kann Geschichten erzählen: Bov Bjerg schildert in „Serpentinen“den Roadtrip eines Vaters mit seinem Sohn, in dem es, laut Laudator Klaus Kastberger um „die zentrale Frage geht: Wie halten wir es mit unserer Identität, woher kommen wir und wohin gehen wir?“Bov Bjerg (übrigens ein sorgsam gehütetes Pseudonym) ging nach all
der Aufregung erst einmal auf die Suche nach seinem Verwandten aus dem Mühlviertel, der als Schlachtenbummler nach Klagenfurt angereist war – der übernahm vorerst die von der HTL Ferlach gestaltete Sieger-Trophäe, um das Fluggepäck des Gewinners nicht zu belasten.
Familiengeschichten
ganz anderer Art erzählt die DeutschTürkin Özlem Özgül Dündar, Gewinnerin des Kelag-Preises. Sie lässt in ihrem Romanauszug „und ich brenne“einen „Chor der Mütter“antreten, wie die Neo-Jurorin Insa Wilke zusammenfasst, die die Autorin eingeladen hatte. Es sind „Täter- und Opfer-Mütter“, die bei Dündar ohne Punkt und Komma in konsequenter Kleinschreibung ihre „Trauer-Litanei“formulieren. Das ist aber schon alles an Sprachexperiment, was beim heurigen von Beobachtern als „guter Jahrgang“eingestuften Bewerb zu lesen war.
Auch die verrätselte Geschichte „Warten auf Ava“der Schweizer Überraschungssiegerin Anna Stern (3sat-Preis), vorgeschlagen von Hildegard E. Keller, passt mit ihrer Sprachpräzision und narrativen Tiefe zum Wunsch nach berührenden Erzählungen.
Auf der Shortlist der Jury stand außerdem die einzige österreichische Teilnehmerin, die Wienerin Raphaela Edelbauer. Sie erhielt via Internet-Abstimmung für „Das Loch“den BKSBank-Publikumspreis, der mit dem Klagenfurter Stadtschreiberstipendium verbunden ist.