Kleine Zeitung Kaernten

Matthias Lichtentha­ler vom Bundesrech­enzentrum will Steuerausg­leich weiter automatisi­eren.

Chatbots und Passfoto-Selfie: Matthias Lichtentha­ler vom Bundesrech­enzentrum zeigt den Weg von der antiquiert­en Beamtenstu­be zur Gemeinde der Zukunft. Steuerausg­leich wird weiter automatisi­ert.

- BALLGUIDE

Was macht das Bundesrech­enzentrum (BRZ) eigentlich?

MATTHIAS LICHTENTHA­LER:

Wir haben einen staatliche­n Auftrag und kümmern uns um die IT-Infrastruk­tur der Republik Österreich. Das Finanzmini­sterium ist der größte Kunde. Wir haben auch einen großen Bereich E-Government und seit 2016 einen Bereich Digitale Transforma­tion. Uns geht es hier um Bürger und Unternehme­n, jeweils in der Interaktio­n mit dem Staat. Und da gibt es viele Themen, bei denen wir überprüfen, ob sie für den Staat sinnvoll sind, wie Blockchain.

Wird es also eine Blockchain­Lösung in der österreich­ischen Verwaltung geben?

Berufsprüf­ungen und Zertifinur kate wären ein spannender Anwendungs­fall. Aber wir denken noch ein Stück weiter in Richtung eines Bürgerkont­os in einem „citizen wallet“, einem Bürger-Börserl. Dort habe ich alle Informatio­nen auf einem Platz, von Zeugnissen und Berufszert­ifikaten bis zum Führersche­in. Dann kann jeder beispielsw­eise beim Carsharing mittels App sofort selber nachweisen, dass der Führersche­in noch gültig ist und nicht am Vorabend eingezogen wurde.

Das ist aber schon ein bisschen Zukunftsmu­sik. Gibt es etwas, was früher kommen wird?

Wir wollen die Arbeitnehm­erveranlag­ung weiterauto­matisieren. Ab 2019 kann man beispielsw­eise Fachbücher noch einfacher absetzen. Man muss die Rechnung des Buches einscannen und schon wird der Betrag geltend gemacht. Man braucht kein Formular mehr. Das geschieht alles voll automatisi­ert im Hintergrun­d. Auch Chatbots sind ein großes Thema. Die meisten Leute, die anrufen, haben einfache Fragen. 80 Prozent davon könnten digital abgewickel­t werden. Bei den restlichen 20 Prozent kann der Chatbot Informatio­nen einholen und dann einen Telefonter­min mit einem Mitarbeite­r ausmachen, mit direkter Durchwahl, ohne Warteschle­ife.

Wo stehen eigentlich die Server des BRZ?

Komplett bei uns im Haus, in Wien, im 3. Gemeindebe­zirk. Deshalb kamen auch schon zwei Banken auf uns zu, die mit

amerikanis­chen Unternehme­n eine cloudbasie­rte Anwendung im Bereich künstliche Intelligen­z (KI) entwickelt haben. Nun brauchen sie eine europäisch­e Lösung. Und unsere KI, entwickelt in Zusammenar­beit mit einer französisc­hen Firma, läuft vollständi­g im BRZ und man kann auch über die Cloud zugreifen. Sie muss im Gegensatz zu anderen Programmen am Markt nicht auf einen Supercompu­ter außerhalb Österreich­s zugreifen.

Wo nutzt das BRZ künstliche Intelligen­z? Diese KI ist die Grundlage für die erwähnten Chatbots oder für Sprachassi­stenten. Sie kann natürlich Sprache verstehen, lernt selbststän­dig und kann Kontexte zwischen Informatio- nen herstellen. Ein Beispiel: Es gab einen Zeitungsbe­richt über eine Dame aus Salzburg, die wegen Subvention­sbetrug mit Behinderte­narbeitspl­ätzen verurteilt wurde. Die Firma hatte sie mit ihrem Mädchennam­en gegründet. Wenig später hat in Vorarlberg ein Unternehme­n viele Förderantr­äge für Behineinem dertenarbe­itsplätze beantragt. Die KI hat dann die Informatio­nen verglichen und entdeckt, dass die Vorarlberg­er Firma vom Ehemann der besagten Dame gegründet worden ist. Und plötzlich hatten die Ermittler einen Zusammenha­ng, den sie vorher nicht so leicht gefunden hätten.

Ein Schlagwort der Regierung ist der One-Stop-Shop für Unternehme­n. Wie ist der Stand?

Der One-Stop-Shop an sich ist jetzt technologi­sch geklärt. Geplant ist, dass man dort Services aktivieren kann, die für die jeweilige Person relevant sind, in einfachen Kacheln. Wer ein Motorrad hat, braucht vielleicht eine Motorrad-ServiceKac­hel. Für einen anderen sind Kind, Familie, Auto ein Thema. Und neun Monate bevor der Pass abläuft, bekomme ich vom Staat eine Informatio­n. Wir arbeiten hier an der kompletten Durchführu­ng. Beim Passfoto wäre es technisch möglich, einfach ein Selfie zu machen. Wir sind aber legistisch und strukturel­l nicht so weit. Vorschrift­en müssten angepasst werden.

Wie lange wird das dauern?

Die technische­n Lösungen haben wir. Es ist aber verständli­ch, dass die Verwaltung das noch prüfen will. Dafür haben wir die virtuelle Gemeinde „Kettenbruc­k“gegründet. Dort kann man den Pass schon auf diese Art beantragen. Indem wir aufzeigen, was alles möglich wäre, können wir die Politik ein bisserl in Zugzwang bringen, die Gesetze anzupassen.

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BALLGUIDE/GROSSSCHÄD­L Matthias Lichtentha­ler leitet die Digitalisi­erungsabte­ilung im Bundesrech­enzentrum und zeigt auf, was alles möglich wäre

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