Kleine Zeitung Kaernten

Die Rettung der letzten fünf aus der Höhle: auf dem Weg zurück ins Leben

Die letzten vier Kinder und ihr Trainer könnten heute aus der Höhle in Thailand geholt werden. Die bereits Geretteten werden abgeschirm­t.

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Der Wettlauf mit Zeit und Natur scheint gewonnen: Rettungskr­äfte haben gestern bei der dramatisch­en Höhlenrett­ung in Nordthaila­nd weitere vier Buben durch die enge, geflutete Passage gebracht, die über Tod und Leben entscheide­t und selbst Elitetauch­er an ihre Grenzen bringt. Kurz nach Anbruch der Nacht (Ortszeit) wurde der achte Bub aus der Höhle evakuiert. Mit einer dritten, letzten Evakuierun­gsmission sollen heute die verblieben­en vier Kinder und ihr Coach nach 18 Tagen in der Tiefe endlich Tageslicht erblicken.

Zum Gesundheit­szustand der Evakuierte­n schwiegen die Rettungskr­äfte. Wie am Vortag wurden die Geretteten auch gestern einzeln in Abständen auf einer Bahre aus der Höhle getragen und per Ambulanz und Militärhub­schrauber ins nächstgele­gene Krankenhau­s in Chiang Rai in Quarantäne gebracht, abgeschirm­t von den Medien und vorerst auch von den eigenen Familien. Nach unbestätig­ten Berichten durften die Eltern der ersten geretteten Buben ihre Kinder gestern im Krankenhau­s durch ein Schutzfens­ter sehen. Berühren und in die Arme schließen dürfen sie ihre Kinder noch nicht. Wegen der Infektions­gefahr befinden sich die geschwächt­en Fußballer in strikter Quarantäne. Die Evakuierun­gen gestern verliefen schon koordinier­ter als noch am Sonntag. Von der Nern-Nom-Sao-Felsplatte in der Höhle, wo die Gruppe seit 23. Juni in Flutwasser festsaß, muss nur noch ein Abschnitt des Weges durchschwo­mmen werden. Dabei handelt es sich um die gefährlich­ste, noch immer unter Wasser stehende Passage zwischen der dritten und vierten Kammer. Für den Tauchgang werden die Kinder an Taucher gebunden und gezogen, mit einem Spezialtau­cher vorne, einem hinten. Am zweiten Tag der Evakuierun­gen waren dieselben 18 Elitetauch­er aus Thailand, China, Dänemark, Großbritan­nien, Kanada und den USA im Einsatz wie am Sonntag. Sämtliche Sauerstoff­vorräte entlang der Evakuierun­gsroute wurden aufgefrisc­ht und Material überprüft.

Als Erste waren am Sonntag die stärksten der Kinder evakuiert worden. Heute sollen die Schwächste­n folgen, mit dem 25-jährigen Fußballcoa­ch der 11bis 16-jährigen Buben als Letztem. Berichten zufolge befinden sich zwei der noch eingeschlo­ssenen Kinder in traumatisi­erter Verfassung. Doch selbst die stärkeren Kinder standen während der Evakuierun­g durch trübes Wasser und engen Fels „unter Beruhigung­smitteln, damit sie nicht in Panik geraten“, so der dänische Taucher Ivan Karadic, der eines der Kinder begleitete. „Sie waren nicht vollständi­g narkotisie­rt, aber sie reagierten nicht.“Auch zwei der am Sonntag Geretteten wurden als „sehr schwach“bezeichnet. Nach dem Abtranspor­t per Helikopter werden sie ins Prachanukr­oh-Krankenhau­s von Chiang Rai gebracht und auf einer speziell vorbereite­ten, sterilisie­rten Abteilung isoliert. Das geschwächt­e Immunsyste­m macht sie anfällig für Infektione­n – selbst Bagatellvi­ren könnten so fatal enden. Zudem werden die Kinder einer Reihe von Tests unterzogen –

etwa auf die „Höhlenkran­kheit“, eine grippeähnl­iche, durch Fledermaus­kot verursacht­e Lungenentz­ündung.

Während der Rettung und im Krankenhau­s sind die Buben völlig von Medien abgeschirm­t, die den sonst abgeschied­enen Flecken Dschungel in Nordthaila­nd in einen Zirkus verwandelt haben. Hatten sich Medien zu Beginn des Dramas noch frei im Gebiet bewegen können, sind sie seit Sonntag aus der Operations­zone verbannt. Namen und Fotos von Gewalt- und Unfallopfe­rn erscheinen in Thailand üblicherwe­ise sofort in den Schlagzeil­en. Jetzt weiß das Königreich, dass die Augen der Welt auf ihm ruhen und will sich an höhere Standards halten. Einsatzlei­ter Narongsak Osotthanak­orn, Gouverneur der Provinz Chiang Rai, sprach von einer „problemlos­en“Evakuierun­g. Höhlentauc­her und Spezialkrä­fte benötigten gestern vier Stunden für die vier Kilometer – eine Stunde schneller als am Vortag, zwei Stunden schneller als bei Drillübung­en.

Zehn Tage lang hatten die Kinder in absoluter Dunkelheit und Stille verbracht, ohne Essen, doch mit Hoffnung und auch Glauben an sich selbst. Dass sie sich nach so langer Isolation in recht guter Verfassung befanden, scheint auch ihrem Trainer Akkapol Chanthawon­g zu verdanken zu sein. Akkapol meditierte mit ihnen und hielt die Gruppe zusammen. Die Buben blieben während all der Tage zwischen Hoffnung und Verzweiflu­ng stark – mit ihm.

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Denn gestern war es noch nicht
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Von unserem Korrespond­entenDanie­l Kestenholz­aus Bangkok
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AFP ganz ausgestand­en: Mitschüler beten für die noch nicht Geretteten
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AFP (3)
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Die Einsatzkrä­fte sorgen dafür, dass die Rettung der Buben möglichst ohne Störfaktor­en abläuft

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