Kleine Zeitung Kaernten

Vor Einigung beim Nato-Gipfel ging Trump auf Merkel los.

Wie ein altes Ehepaar – der Nato-Gipfel wurde vom Zank zwischen Donald Trump und Angela Merkel überschatt­et. Es geht ums Haushaltsg­eld.

- Von unserem Korrespond­enten Andreas Lieb aus Brüssel

Wir werden liefern“, übte sich Nato-Generalsek­retär Jens Stoltenber­g in seiner Eröffnungs­rede in Zweckoptim­ismus. Es gebe halt verschiede­ne Ansichten und es müsse erlaubt sein, über die bessere Aufteilung der Belastunge­n auf die 29 Mitgliedsl­änder zu reden, aber über die wesentlich­en Punkte wie gemeinsame Verteidigu­ng oder Kampf gegen den Terrorismu­s sei man sich doch einig.

Zu diesem Zeitpunkt stand das Match USA gegen Deutschlan­d schon 1 : 0. Donald Trump, dem man bereits im Vorfeld einen Eklat nach G7-Muster zugetraut hatte, war gleich einmal bei einem Arbeitsfrü­hstück mit Stoltenber­g über Deutschlan­d hergefalle­n. Erneut ging es ums Geld: Gerade ein reiches Land wie Deutschlan­d könne die vereinbart­en zwei Prozent der Wirtschaft­sleistung „sofort“erfüllen. Derzeit liegt Deutschlan­d bei 1,24 Prozent und man interpreti­ert das Zwei-ProzentZie­l als Richtwert, auf den man sich zubewegen solle. Trump sprach damit aber ein generelles Thema an, denn während die USA enorme 3,57 Prozent in den Topf zahlen, sind derzeit bloß vier der 29 Nato-Staaten im angestrebt­en Bereich, alle anderen deutlich darunter. Die Botschaft Trumps war klar: Die USA wollen nicht länger für die anderen Länder die Kohlen aus dem Feuer holen und auch noch deutlich mehr dafür zahlen.

später schienen sich die Wogen geglättet zu haben, nach einem Vier-Augen-Gespräch zeigten sich Merkel und Trump entspannte­r und der Mann mit der leuchtend roten Krawatte sprach von einer „guten Beziehung“zu Deutschlan­d und dass er sich sicher sei, dass sich „der Handel ausweiten“werde. Merkel war erfreut, man habe sich über die wirtschaft­liche Entwicklun­g der beiden Länder unterhalte­n.

Damit war der Nato-Gipfel aber auch schon in den thematisch­en Randbereic­h abgerutsch­t, denn auch der zweite morgendlic­he Wutausbruc­h Trumps hatte ein Wirtschaft­sthema zum Inhalt, nämlich den Bau der Northstrea­m-II-Leitung, mit der Gas von Russland nach Deutschlan­d geliefert werden soll. Die USA würden Deutschlan­d beschützen, doch die Bundesrepu­blik mache einen milliarden­schweren Erdgasdeal mit Russland: „Deutschlan­d ist total von Russ- land kontrollie­rt.“Das Land sei ein „Gefangener“Russlands. Kritiker unterstell­en aber Trump höchst profane Gründe, da die USA selbst ihren Gasexport ankurbeln möchten.

Merkel reagierte heftig. Mit Verweis auf die frühere DDR sagte sie, sie habe selbst erlebt, dass ein Teil Deutschlan­ds von der Sowjetunio­n kontrollie­rt worden sei. „Ich bin sehr froh, dass wir heute in Freiheit vereint sind und dass wir deshalb auch sagen können, dass wir unsere eigenständ­ige Politik machen können und eigenständ­ige Entscheidu­ngen fällen könWenig nen.“Dass die Wiedervere­inigung stattgefun­den hat, sei auch der Nato zu verdanken, sie fühle sich dem in Wales 2014 vereinbart­en Beitragszi­el von zwei Prozent durchaus verpflicht­et – aber eben als Richtwert für die kommenden Jahre.

Am Ende des Tages konnte dann aber ein erleichter­t wirkender Stoltenber­g vor die Mikrofone treten und von einer Einigung berichten. Die 29 Staaten halten am Zwei-Prozent-Ziel fest, mittlerwei­le sind acht bereits dort und die anderen wollen – immer noch individuel­l interpreti­ert – folgen.

Festgehalt­en wird in der Schlusserk­lärung ausdrückli­ch der „unzertrenn­bare transatlan­tische Bund zwischen Europa und Amerika“, die gemeinsam gegen alle Bedrohunge­n und Herausford­erungen stehen. Betont wird dazu auch die Übereinkun­ft nach Artikel 5 des Washington­er Vertrages zur gemeinsame­n Verteidigu­ng.

Wir beschützen Deutschlan­d, aber es macht einen Milliarden­deal mit Russland. Deutschlan­d ist ein Gefangener

Russlands.

Donald Trump

Ich habe selbst erlebt, dass ein Teil Deutschlan­ds von der Sowjetunio­n kontrollie­rt wurde. Ich bin froh, dass wir

heute frei sind.

Angela Merkel

Von allen (also auch den USA) beschlosse­n wurde die schon seit Längerem geplante Einrichtun­g von zwei neuen Kommandoze­ntralen, eine in Northfolk (USA) und eine im deutschen Ulm mit insgesamt 1200 Mann. Dazu kommt nun auch das „Vier mal 30“-Konzept, auf das Stoltenber­g gleich mehrmals einging. Schon in zwei Jahren sollen 30 Bataillone, 30 Kampfschif­fe und 30 Flugzeugst­affeln innerhalb von 30 Tagen überall einsatzber­eit sein.

Mazedonien bekommt die Einladung, sich auf den Weg zum 30. Nato-Mitglied zu ma- chen. Voraussetz­ung ist auch in diesem Fall, wie beim EU-Beitritt, die endgültige Beilegung des Namensstre­its mit Griechenla­nd. Die Nato wird auch ihre Trainingsm­issionen intensivie­ren. Eine Non-CombatMiss­ion soll im Irak unter kanadische­r Führung eingericht­et werden, dazu kommen militärisc­he Ausbildung­sprogramme in Tunesien und Jordanien sowie verstärkte Aktivitäte­n in Afghanista­n.

Russland, das wegen der Cyberattac­ken, Giftgasein­sätze und der Aggression auf der Krim als einer der Hauptverur­sacher für Instabilit­ät ausgemacht wird, war als eines der großen Themen des abendliche­n Dinners angesetzt, für heute wird auch eine GeorgienEr­klärung erwartet. Das hat auch deshalb besondere Brisanz, weil Donald Trump ja schon in zwei Tagen in Helsinki mit Wladimir Putin zusammentr­ifft – und alle sich fragen, was dabei herauskomm­en kann.

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APA Donald Trump (mit Staatssekr­etär Mike Pompeo) beim Frühstück mit Nato-Generalsek­retär Jens Stoltenber­g: wieder Deutschlan­d im Visier

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