Kleine Zeitung Kaernten

Sentiment, Humor und viel Paprika

Spektakulä­re, nostalgisc­he Operettens­eligkeit: Auf der Seebühne in Mörbisch zeigt man eine vom Publikum heftig akklamiert­e „Gräfin Mariza“von Emmerich Kálmán.

- Von Helmut Christian

Diese liegende Riesengeig­e von 45 Meter Länge und 14 Meter Höhe, die die Bühne dominiert, ist schon beeindruck­end. Die Idee dazu kam nicht von ungefähr, denn es stimmt tatsächlic­h, in kaum einer anderen Operette steht die Violine so im Mittelpunk­t wie in Emmerichs Kálmáns Operette „Gräfin Mariza“, der Produktion der diesjährig­en Seefestspi­ele in Mörbisch.

Und sie birgt auch so manche Überraschu­ngen: Denn sie öffnet sich zu einem prächtigen, riesigen Salon mit vielen Details, mit einer bunten, mehrstöcki­gen Bibliothek und einer großen Repräsenta­tionstrepp­e. Der Bühnenbild­ner Manfred Waba hat so und mit Lichtstimm­ungen mittels modernster LED-Technik spektakulä­re Bilder entworfen und mit Schilf auf der Bühne sowie Durchblick­en auf den dahinterli­egenden Neusiedler See die Landschaft miteinbezo­gen.

Trotzdem hat alles einen gewollt nostalgisc­hen Touch. Mit dazu bei tragen auch die zwar eleganten, folklorist­ischen, aber recht klischeeha­ften Kostüme von Karin Fritz und die Inszenieru­ng von Karl Absenger, der schon mehrfach hier in Mörbisch Regie geführt hat. Denn die Auf- und Abtritte des Chores und die Personenfü­hrung der Protagonis­ten wirken schablonen­haft und konvention­ell. Und doch gelingt eine gelungene Mischung aus Sentiment und Humor. Ungemein mitreißend tanzt das Ballett der Festspiele Mörbisch in der Choreograp­hie von Johanna Bodor.

Sehr gut zusammenge­stellt ist das Ensemble für diesen Hit aus der silbernen Wiener Operettenä­ra: Allen voran ist Vida Miknevicˇi­u¯te˙ eine Titelheldi­n mit klarem, prächtigem Sopran und müheloser Höhe, die alle ihre Launen zeigt. Den verarmten

Grafen Tassilo gibt Roman Payer mit kräftigem, baritonale­m Tenor, der auch einige Strophen von „Komm, Zigan“auf Ungarisch singt. Seine Schwester Lisa wird von Rinnat Moriah wunderbar rein gesungen. Christoph Filler mit kernigem Bariton spielt einen komischen Baron Kolomán Zsupán, dem der Hit „Komm mit nach Varasdin“vortreffli­ch gelingt.

Melanie Holliday ist eine exaltierte Fürstin Bozˇena Cuddenstei­n. Glasklar singt auch Mila Janevska die „Zigeunerin“, meist auf der Spitze der Geige stehend.

Horst Lamnek ist ein viriler Fürst Populescu, den man allerdings schon komischer erlebt hat. Dafür urkomisch: Franz Suhrada als Kammerdien­er Peniˇzek, der ständig Zitate der Klassiker verdreht. Und nicht zu vergessen auf Ondrej Janoska als omnipräsen­ten, exzellent geigenden Zigeuner. Auch die anderen Sprechroll­en sind gut besetzt. Man bleibt auch vom Text her fast ganz am Original. Homogen singt und spielfreud­ig agiert der Chor (Einstudier­ung: Walter Zeh).

Das Festival Orchester Mörbisch unter Guido Mancusi, der längere Zeit auch am Stadttheat­er Klagenfurt als Chefdirige­nt gewirkt und in Graz dirigiert hat, spielt die Originalfa­ssung der einfallsre­ichen Musik mit ungarische­m Kolorit und den vielen, unvergängl­ichen Schlagern mit Farbenreic­htum, rhythmisch­er Verve und viel Paprika bei den Csárdásrhy­thmen.

Als dann noch zum Finale die beleuchtet­en Wasserfont­änen punktgenau zum Rhythmus der Musik zu tanzen beginnen und ein Feuerwerk taktgenau abgeschoss­en wird, ertönt großer Jubel im Publikum mit viel Prominenz aus Kunst und Politik, darunter die Tochter des Komponiste­n Ivanka Kálmán. Die erste Saison des Neo-Intendante­n und Sängers Peter Edelmann, der hier 1993 als Danilo in Lehárs „Lustiger Witwe“selbst debütiert hatte, konnte nicht besser beginnen. Die Operette lebt!

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Alter, neuer Operetteng­lanz in Mörbisch: Vida Miknevicˇi­u¯te˙ , Roman Payer (rechts), Franz Suhrada, Peter Horak (links)
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MÖRBISCH/JERZY BIN (3)
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