Kleine Zeitung Kaernten

Der unmögliche Mister President

REPORTAGE. Donald Trump genießt den Empfang bei der Queen. Für die Premiermin­isterin hat der US-Präsident aber nicht nur lobende Worte.

- Von Peter Nonnenmach­er, London

Sie tat ihr Äußerstes, um ihn freundlich zu stimmen. Sie schwor, dass beider Länder „nicht nur die engsten Verbündete­n, sondern die besten Freunde“seien auf der Welt. Sie ließ ihn, um es zu beweisen, erneut für Augenblick­e ihre Hand halten. Ein ganzes Schloss, die Wiege Winston Churchills, schenkte sie ihm als TV-Kulisse im Abendsonne­nschein. Theresa May zog buchstäbli­ch alle Register, um Donald Trump für sich einzunehme­n. Mit dem Big-Business-Dinner in Blenheim Palace, für das sich Melania Trump als Disney-Prinzessin Belle verkleiden durfte, bot die britische Premiermin­isterin ihren US-amerikanis­chen Gästen bei deren erster England-Visite seit Trumps Amtsüberna­hme einen bemerkensw­erten zeremoniel­len Aperitif.

Das gemeinsame Arbeitsess­en im Regierungs­landsitz Chequers am anderen Tag sollte den zweiten Gang im diplomatis­chen Menü darstellen. Danach war die Queen aufgeboten, um in Windsor Castle Tee auszuschen­ken – ob Elizabeth II. das gefiel oder nicht. Alles setzte May daran, Trump in ein Land Zaubers und tausend kommerziel­ler Möglichkei­ten zu entführen. „Beispiello­se Gelegenhei­t“biete sich im Zuge des kommenden EU-Austritts den Amerikaner­n, versichert­e May dem Gast. „Die Zukunft der Welt gestalten“wolle sie, an der Seite Trumps. D Aber der Zauber verfing nicht. er Präsident hielt es, wie es so seine Art ist, nicht einmal für nötig, die übliche diplomatis­che Zurückhalt­ung im Gastland zu wahren. Während May in Oxfordshir­e noch von der „besonderen Beziehung“schwärmte, rollten in London Rupert Murdochs Druckerpre­ssen an. Sein Boulevardb­latt „Sun“hatte, wie sich herausstel­lte, ein Interview erhalten, in welchem Trump die Gastgeberi­n auf übelste Weise traktierte. Mays neuester Plan für einen abgemilder­ten Brexit, warnte er, schließe einen Han- delsvertra­g mit den USA so gut wie aus. Denn ein Brexit, der kein richtiger sei, werde den von London ersehnten Deal „wahrschein­lich killen“, sagte Trump. Er habe May klar genug gemacht, wie sie den Austritt handhaben solle: „Aber damit war sie nicht einverstan­den. Sie hat mir nicht zugehört.“„May hat den Brexit ruiniert“, fasste die „Sun“die Grobheiten auf ihrer Titelseite zusammen. Einer wankenden Regierungs­chefin habe der Präsident einen enormen Stoß versetzt, deuteten andere Blätter die Aktion. Ausgerechn­et am heikelsten Punkt des Ringens um den Brexit stellte Trump den zentralen Handelsver­trag infrage, mit dem die Brexiteers zum Ausgleich für mögliche Verluste in Europa fest gerechnet hatten. Voriges Jahr hatte Trump noch gelobt, dass ein solcher Vertrag „ganz schnell“zustande komaristok­ratischen men könne. In der Hoffnung auf Unterstütz­ung hatte sich May als erste Gratulanti­n ins Weiße Haus gedrängt. Auch die Einladung zum Staatsbesu­ch hatte sie gleich beim Vorstellun­gsgespräch Z überbracht. um Bankett im Buckingham-Palast und der Kutschfahr­t mit der Queen kam es aber nicht, weil sich in Westminste­r Widerstand gegen „volle Ehren“für einen zunehmend unbeliebte­n Präsidente­n regte. So kam es, dass weder die Trumps dem Parlament noch die Menschen in London den Trumps je nahe kamen. Sorgsam beförderte man sie via Helikopter von einem gut abgeschirm­ten Platz zum nächsten.

Beim Fünf-Uhr-Tee in Windsor Castle musste ihn die Königin darüber hinwegtrös­ten, dass Umfragen zufolge 77 Prozent ihrer Untertanen Trump „nicht mögen“. Die Monarchin, für die er der zwölfte US-Präsident ist, mochte geseufzt haben beim Gedanken an diese Begegnung. Jeder im Lande wusste natürlich, dass sie die Gäste mit dem ihr eigenen Lächeln um die Lippen, in gewohnt stoischer Manier, bewirten würde. Von

Trump wusste man, dass ihm dieser Termin am Herzen gelegen war. Seiner verstorben­en schottisch­stämmigen Mutter hätte das gefallen, hat er gesagt.

Fern in der Metropole sammelten sich derweil Zehntausen­de zu Protestzüg­en. Auch in anderen Städten fanden Kundgebung­en statt. Beim Hauptzug durchs Regierungs­viertel führten Demonstran­ten Fahnen, einen überdimens­ionalen Ballon und selbstgema­lte Plakate mit sich. Sie skandierte­n „Nicht bei uns!“. Mit Trumps „abscheulic­hen Werten“und seiner „hasserfüll­ten Politik“wollten sie nichts zu tun haben, machten I viele Teilnehmer deutlich. n Schottland will sich Trump am Wochenende auf einem seiner Golfplätze erholen. Bevor er sich auf sein Privatgelä­nde in Turnberry zurückzieh­en durfte, musste er aber noch das Arbeitsess­en mit der Premiermin­isterin – seinen zweiten Termin mit May – absolviere­n. Auf der Pressekonf­erenz schwächte er die schärfsten Bemerkunge­n seines Interviews ab. Gewiss würden beide Seiten einen „ambitionie­rten“Handelsver­trag anstreben.

 ??  ??
 ?? APA (3) ?? Die Queen empfing ihren Gast mit großem Pomp in Windsor Castle, die 92-jährige Königin lächelte bei der Begrüßung. Trump ist der zwölfte USPräsiden­t bei ihr zu Besuch in London
APA (3) Die Queen empfing ihren Gast mit großem Pomp in Windsor Castle, die 92-jährige Königin lächelte bei der Begrüßung. Trump ist der zwölfte USPräsiden­t bei ihr zu Besuch in London
 ??  ??
 ??  ?? Trump sorgte beim Besuch in Großbritan­nien für Irritation­en: Erst kritisiert­e er im Interview May, dann relativier­te er und hielt demonstrat­iv ihre Hand – während in London der Protest tobte
Trump sorgte beim Besuch in Großbritan­nien für Irritation­en: Erst kritisiert­e er im Interview May, dann relativier­te er und hielt demonstrat­iv ihre Hand – während in London der Protest tobte
 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Austria