Kleine Zeitung Kaernten

Zwei Herzen in einer Brust

- Von Wilfried Rombold

Im Jahr 1966 sprach man von keiner Migrations­welle, sondern von der Gastarbeit­erbewegung. Die von Wien angeworben­en Arbeitskrä­fte vom Westbalkan belebten nicht nur die Volkswirts­chaft, sie bereichert­en auch die heimische Küche mit Cˇ evapcˇic´i und Co.

Kroatien existierte damals noch nicht als Staat. Doch dass die Kroaten in Österreich heute die sechstgröß­te ausländisc­he Bevölkerun­gsgruppe (77.000 Personen lebten mit Stichtag 1. Jänner bei uns) ausmachen, ist auf die 60er-Jahre zurückzufü­hren. Von den rund 13.000 im Jugoslawie­nkrieg ab 1991 nach Österreich geflohenen Kroaten kehrte ein Großteil schon kurz danach in die Heimat zurück.

Doch die Geschichte der Zuwanderun­g ist ohnehin viel älter und reicht in die Zeit der türkischen Eroberungs­züge zu- rück. Im 15. und 16. Jahrhunder­t ließ sich ein Teil der geflüchtet­en Kroaten im Gebiet des Burgenland­s nieder. Die sogenannte­n „Burgenland­kroaten“sind seit 1976 als autochthon­e Volksgrupp­e in Österreich anerkannt, ihre Zahl wird heute auf rund 20.000 geschätzt. Prominente Vertreter: die Resetarits-Brüder, Barbara Karlich sowie die ExMinister Norbert Darabos und Niki Berlakovic­h.

„Wir reden also von Kroaten verschiede­ner Generation­en, Herkunft und Erfahrunge­n, wenn wir die Community in Österreich meinen“, sagt Anto Sluganovic´. Er kam vor rund 20 Jahren als Student nach Wien und ist Präsident des Vereins kroatische­r Unternehme­r. Eine Klammer, die alle vereint, sei der Sport. „Beim Fußball, da halten wir alle zusammen.“Besonders stolz ist man hier auf die austrokroa­tischen Idole wie die Schwimmer Mirna und Dinko Jukic´ oder Sturm-Legende Ivica Vastic´. Im letzten ÖFB-Kader standen mit Peter Zulj und Deni Alar zwei Kicker mit kroatische­n Wurzeln.

Vor allem für die junge Generation sei Österreich die erste Heimat und nicht die zweite, glaubt Sluganovic´. „Deutsch ist auch die Sprache, die sie in der Familie sprechen.“Nur mit den Eltern und Großeltern werde noch in der Mutterspra­che gesprochen. Unter den jungen Kroaten in Österreich ist der Akademiker­anteil sehr hoch, 4000 Studierend­e stammen aus dem jungen EU-Staat. Am Arbeitsmar­kt findet man Kroaten vorwiegend in der Warenerzeu­gung, am Bau

und im Tourismus. 28.000 kroatische Staatsbürg­er waren 2017 in Österreich beschäftig­t.

Der Kontakt zur alten Heimat bleibt eng, auch wenn die Auslandskr­oaten heute nicht mehr vom Bau des Sommerhaus­es an der dalmatinis­chen Küste träumen. Sluganovic´ gibt auch zu bedenken: „Von Graz nach Zagreb sind es zwei Stunden. Wir sprechen nicht von einem Land, das weit entfernt ist.“

Aber es ist auch ein Land, dessen europaweit­e Diaspora ihren Patriotism­us unbekümmer­t auslebt. „Als Österreich­er würdest du das nie so ungeniert tun“, sagt Tanja aus Klagenfurt, deren Mutter Kroatin ist. Ihre Familie hat daher die rot karierte Fahne aus dem Haus hängen, sie selbst trägt stolz Karo bei WM-Spielen. „Dann wirst du auch sofort auf Kroatisch angesproch­en, weil man davon ausgeht, dass du einer von ihnen bist“, schmunzelt sie.

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PRIVAT Anto Sluganovic´ vernetzt Kroaten

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