„Große finanzielle Not“
Alleinerzieherinnen mit autistischen Kindern sind von Armut betroffen. Auch Akzeptanz in Bevölkerung fehlt.
nicht auf die Toilette gehen. Dafür kann er komplizierte Puzzles mit 200 Teilchen in kürzester Zeit zusammenfügen. Danach zerstört er sie und beginnt von Neuem.
Bei beiden Kindern wurde Autismus diagnostiziert. Bei Bobby erst, als Pascal schon auf der Welt war. „Ich hielt seine unüblichen Reaktionen immer für ein Brutkastentrauma“, schildert die junge Mutter. Schon als Säugling habe Bobby jegliche Berührung abgewehrt und sie aggressiv gebissen. Später sei er stundenlang in einer Ecke gesessen, Augenkontakt mit anderen Menschen habe er nicht ertragen.
habe sich erst durch die Frühförderung geändert, erzählt die Einzelkämpferin, die mittlerweile ihren Beruf aufgeben musste und völlig alleingelassen die Not des Alltags zu meistern versucht. Der Kindesvater ist, ohne Alimente zu zahlen, untergetaucht, Verwandte hat sie nicht mehr. Bekannte meiden sie und die Kinder, weil sie mit der Situation nicht umgehen können.
„Ich war früher erfolgreich in meinem Job“, erinnert sich die junge Frau, die seit Jahren nicht mehr ausspannen kann und psychisch sehr angeschlagen ist. Sie leidet zudem an einer schmerzhaften Krankheit, die operativ behandelt werden müsste. Doch da sie niemanden für die Betreuung der Kinder hat, ist ein Krankenhausaufenthalt unmöglich. „Ich lebe nur für meine Kinder“, sagt sie. „Dafür verzichte ich auf alles.“
Doch irgendwann müsste das alte Haus renoviert werden, müssen neue Autoreifen gekauft werden, die Therapieplätze sind kilometerweit entfernt. Doch es fehlt sogar das Geld für die Vignette. Von einer Delfintherapie oder einem Sommercamp für die Kleinen kann die Mutter nur träumen.
Was sie besonders bedrückt, ist das Unverständnis der Umwelt. „Wenn der Kleine aus Überforderung schreit und um sich schlägt, ernte ich Vorwürfe und Beschimpfungen.“Sie wünscht sich das, was der große Sohn an das Christkind geschrieben hat: „Die Leute sollen bitte etwas netter sein.“ „Viele Alleinerzieherinnen mit autistischen Kindern geraten in große finanzielle Not, weil sie wegen der Betreuungspflichten nicht mehr arbeiten können“, schildert Birgit Bierbaumer, zuständige Psychologin der Familienberatungsstelle Inklusion:Kärnten. Ist das Pflegegeld – sofern es gewährt wird – niedriger als die Mindestsicherung, erhält die Mutter nur die Mindestsicherung, übersteigt das Pflegegeld die Mindestsicherung, erhält sie nur das Pflegegeld.
„Die Mutter muss ihren Lebensunterhalt bestreiten und hat einen erhöhten Aufwand für die Assistenz, die die Kinder brauchen.“Zudem leiden viele Mütter unter fehlender Akzeptanz der Bevölkerung. Das Verhalten von intelligenten, aber stressigen Kindern, die wegen Reizüberflutung „auszucken“, werde oft nicht verstanden. „Meist wird der Mutter der Vorwurf gemacht, das Kind falsch zu erziehen.“
bietet in Villach und Klagenfurt Therapie für autistische Kinder und Jugendliche an, was derzeit 50 in Anspruch nehmen. „Das Ziel ist, ein selbstständiges Leben zu ermöglichen“, sagt Bierbaumer, die Autismus als tief greifende Entwicklungsstörung definiert. Eine frühe Abklärung durch Neurologen und Psychiater sei wünschenswert, aber nicht immer einfach. „Es gibt Fälle, wo Autismus erst im Erwachsenenalter diagnostiziert wird, weil die Störung gut kompensiert wurde oder eine Co-Morbidität wie Depression im Vordergrund stand.“Oft werden unübliches Sozial- und Kommunikationsverhalten nicht als Autismus erkannt.