Kleine Zeitung Kaernten

Unbehagen wegen Schächtens

Müssen sich Juden registrier­en lassen, um koscheres Fleisch zu bekommen? Eine unbehaglic­he Geschichte aus den Untiefen der Verwaltung.

- Von Georg Renner

Österreich oder, genauer gesagt, Niederöste­rreich macht wieder einmal internatio­nale Schlagzeil­en – allerdings leider nicht die Sorte, die man von sich gerne liest: „Austrian State May Require Jews to Register to Buy Kosher Meat“titelt zum Beispiel die israelisch­e „Haaretz“.

Auch in Österreich schlägt

die sensible Angelegenh­eit, die am Dienstag durch einen Blogeintra­g der „Wiener Zeitung“aufgebrach­t worden ist, Wellen: SPÖ-Chef Christian Kern fordert den Rücktritt des zuständige­n Landesrats Gottfried Waldhäusl (FPÖ) und fühlt sich an „die dunkelsten Kapitel unserer Geschichte“erinnert.

Die FPÖ verteidigt sich postwenden­d: Waldhäusl vollziehe hier nur Vorgaben, die sein Vorgänger in der niederöste­rreichisch­en Regierung, Maurice Androsch, ausgerechn­et von der SPÖ, ausgegeben habe.

Im Kern steht die Frage, ob sich Menschen, die Fleisch von geschächte­ten Tieren kaufen wollen, namentlich registrier­en müssen – was, da Juden und Muslime betroffen wären, üblen Beigeschma­ck hätte.

Wenn man die Originaldo­kumente liest, die der Kleinen Zeitung vorliegen, stellt sich die Angelegenh­eit aber weit weniger brisant dar: Basis des Ganzen ist das Tierschutz­gesetz, das den Ländern vorschreib­t, streng zu prüfen, ob wirklich ein religiös begründete­r Bedarf an aus Schächtung gewonnenem Fleisch besteht, bevor sie diese Schlachtme­thode ausnahmswe­ise erlauben.

In Niederöste­rreich haben

Beamte der Tierschutz­abteilung daher schon im September 2017, als noch Androsch politisch verantwort­lich war, die Order ausgegeben, dass jeder Schlachter, der Schächten will, Nachweise für so einen Bedarf bringen muss – allerdings ohne zu spezifizie­ren, wie genau diese Beweise aussehen sollen.

Das ändert sich im März, als das (unabhängig­e) Landesverw­altungsger­icht dem Land aufträgt, dass diese Beweise eine konkrete Aufzählung der Empfänger und einen Nachweis von deren Religionsz­ugehörigke­it beinhalten müssen. Die Landesbeam­ten, mittlerwei­le unterstehe­n sie Waldhäusl, machen sich in der Folge daran, ihre Richtlinie­n für die Genehmigun­g der Schächtung zu überarbeit­en – und informiere­n Anfang Juli unter anderem die Israelitis­che Kultusgeme­inde, die sich – angesichts der Vorgabe einer solchen Registrier­ungspflich­t verständli­cherweise – unwohl fühlt und Alarm schlägt. Was schließlic­h zu dem „Wiener Zeitung“-Artikel führt, der den Stein ins Rollen bringt.

Angesichts dieser Faktenlage dürfte es sich um keinen gezielten Versuch handeln, Juden und Muslime zu erfassen – die Initiative für die neuen Regeln ging vom Verwaltung­sgericht aus, nicht von der Politik. Die sucht nun nach einem rechtskonf­ormen Ausweg: Angesichts der Judikatur werde es eine Art Registrier­ung geben müssen, sagt ÖVP-Klubobmann Klaus Schneeberg­er. „Wir arbeiten an einer praxisnahe­n Lösung, aber ich kann noch nicht sagen, wie sie aussieht. Die Sensibilit­ät der Thematik macht es schwierig.“

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APA Grasser (hier mit Verteidige­r Wess) zeigte BuwogAufde­ckerin Moser und eine Journalist­in an

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