Im Banne des Trabanten
Die Welt blickt gen Himmel: Die längste Mondfinsternis des Jahrhunderts und eine spezielle Mars-Position sorgen am Freitag für ein Himmelsereignis der Superlative. Was es mit dem „Blutmond“auf sich hat und wie ihm Hobby-Astronomen entgegenfiebern.
Der Weltraum. Unendliche Weiten. Der Weg dorthin führt über eine Handkurbel mit selbst konstruiertem Seilzug. Mit dem Leuchten der Vorfreude in den Augen steht Albert Sudy am anderen Ende der Kurbel und hat gleich kein Dach mehr über dem Kopf. Zentimeter für Zentimeter wandert das holzgezimmerte Giebeldach über zwei Schienen zur Seite und verwandelt die unscheinbare Almhütte in das, was es für ihn ist: das Tor zum Himmel.
Eingebettet in imposante Bergflanken der Tauern, auf über 1000 Meter Seehöhe, fernab jeglicher urbaner Lichtverschmutzung, die den Sehsinn trübt und für Sudy eine Umweltverschmutzung darstellt, hat sich der studierte Meteorologe (Nebenfach Astronomie) seine eigene Sternwarte gebaut. Weil sein Forscherherz seit der Schulzeit nicht nur fürs Wetter auf der Erde, sondern auch für die Vorgänge in den unendlichen Stockwerken darüber schlägt. „Ich habe hier so einen tollen Himmel“, schwärmt der Grazer über seinen Wochenend-Rückzugsort ins Unendliche, den er sich vor zehn Jahren streng nach astronomischen Ansprüchen ausgesucht hat:
Nächte, die hier noch dunkel sind; Seehöhe, die mehr Luftruhe und weniger „verschmierte“Bilder garantiert; und ein nach Süden hin offenes Tal, weil sich zur Mitte der Nacht die Himmelskörper in dieser Himmelsrichtung von ihrer schönsten J Sonnenseite zeigen. etzt fahren wir zum Mond“, verspricht der 59-Jährige. Und kaum hat die Sonne ihr Tagwerk im Westen beendet, zeigt sich schon der Erdtrabant, der aufgrund eines seltenen Schauspiels in den nächsten Tagen die Fieberkurve von Astronomen und von Millionen Erdenbürgern wird steigen lassen.
Die mit 1 Stunde, 43 Minuten Totalität längste Mondfinsternis des Jahrhunderts fällt mit einer Planetenkonstellation zusammen, in der uns der Mars nahe wie selten kommt und hell wie selten leuchtet. „Eine Stunde nach Beginn der Totalität werden Mond und Mars in Rot um die Wette strahlen“, verspricht Sudy. (Warum, lesen Sie in der Sonntagsbeilage, Seite 10/11.)
Die Daten hat er längst im Kopf. „Beginn der partiellen Finsternis 20.24 Uhr, bei uns nicht sichtbar. Beginn der totaseits Finsternis 21.30 Uhr, bei uns sichtbar. Maximale Verdunkelung 22.21 Uhr ...“, doziert Sudy, während er das Licht seiner vier Hightech-Teleskope durch Sonne, Mond und Sterne jagt. Die meisten Krater des Mondes, der uns Erdenbürgern immer dieselbe Seite zeigt, kennt der Astronom beim Namen. Eine persönliche Bekanntschaft quasi – so oft hat er sie schon besucht, hier in seinem stationären Raumschiff mit Sperrholzverkleidung, wo ihn im Winter auch minus 28 Grad nicht von seiner Leidenschaft N abhalten. ach einer zügigen Reise zur Venus, die sich so gern im letzten Licht des Abends sonnt, und weiter zum Jupiter – „seht her, da sind auch die Galileischen Monde zu sehen: Io, Europa, Ganymed und Kallisto“– bis hin zum Ringplaneten Saturn, seinem Lieblingsplaneten, beginnt sie aber erst richtig, die Odyssee zum Weltraum. „Deep Sky“nennt die Astronomie jene fernen Welten ab- unseres Sonnensystems, die sich auch technisch nicht ganz einfach einfangen lassen.
Jedes Fernrohr findet seinen Himmel, sagt man in der Szene. Und Sudys Equipment hat längst den Nimbus des Hobbywerkzeugs hinter sich gelassen. Die Finesse liegt nicht nur in der Technik der Leitfernrohre (Refraktoren) und Spiegelteleskope (Reflektoren), sondern deren Montierung. Die 40 Kilo schweren Geräte werden durch Kraftkammer-Hanteln austariert und über einen sensiblen Quartzmotor bewegt, dessen hohes metallisches Surren einen akustischen Hauch von „Raumschiff Enterprise“durch die heimische Bergwelt wehen lässt.
Für alle, die es genau wissen wollen: Über exakte Einstellung der Rektaszensionsachse (Längengrad) und Deklinationsachse (Breitengrad) werden Sudys Teleskope automatisch so nachbewegt, dass bei Langzeitbelichtung von Sternen die Erdumdrelen