Gezielte Vorwahlprovokation
WIENER PARKETT. FPÖ-Sozialministerin holt jenen roten Sektionschef, der Schüssels Pensionsreform entwarf, aus Pension zurück.
Dass sich Harald Vilimsky nach seinen verbalen Entgleisungen bei Kommissionspräsident
Jean-Claude Juncker entschuldigen oder womöglich auf Geheiß von FPÖ-Chef Heinz-Christian
Strache den Rückzug antreten würde, wie manche hofften, stand nie im Raum. Im Gegenteil: Die untergriffige Attacke, die innenpolitisch motiviert sein dürfte, um von den Turbulenzen um den 12-Stunden-Tag abzulenken, läutet den Vorwahlkampf zu den EU-Wahlen im Mai 2019 ein. Mit ziemlicher Sicherheit wird Vilimsky die FPÖ in die EUWahl führen, Juncker ist der Inbegriff des Supereuropäers – und damit das logische Feindbild Nummer eins aller Europagegner. Die Hoffnung, Strache würde die FPÖ im EU-Parlament – nach dem Vorbild der einstigen Neofaschisten und Gianfranco
Fini – in eine Brüssel-skeptische, allerdings proeuropäische Bewegung, die zu Leuten wie Matteo Salvini (Lega Nord) oder Marine Le Pen (Front National) klar auf Distanz geht, verwandeln, hat sich nicht erfüllt. Strache hat alle Hände voll zu tun, um seine Anhänger bei Laune zu halten, die EU eignet sich als Ventil, um Dampf und Frust abzulassen. Am Freitag kündigte Salvini die Formierung einer „PopulistenAllianz“aus Lega, FPÖ, Front National, AfD für die Wahl an, das Quartett bildet längst eine Fraktion in Straßburg.
Überraschende Personalie: Sozial- und Gesundheitsministerin Beate Hartinger-Klein hat den langjährigen Sektionschef im eigenen Haus, Walter
Pöltner, reaktiviert und aus der Pension zurückgeholt. Er ist im Kabinett, wie es offiziell heißt, für die „juristische Steuerung“verantwortlich. Was das im Detail heißt, bleibt offen, offenbar will sich die Ministerin mit einem Experten, der ihr Vertrauen genießt und das Haus kennt, umgeben. Pöltner, deklariertes SPÖ-Mitglied, wird über alle Parteigrenzen hinweg als Koryphäe in Pensionsfragen gewürdigt. SPÖ-Sozialminister Josef
Hesoun hatte ihn ins Kabinett berufen. Für Altkanzler Wolfgang Schüssel arbeitete er die Pensionsreform aus, Pöltner gilt als Erfinder des Pensionskontos. FPÖ-Sozialminister
Herbert Haupt machte ihn zum Sektionschef. In SPÖ-Kreisen galt er als Verräter, mit seiner Meinung über die Partei hielt er nie hinter dem Berg. „Ich bin SPÖ-Mitglied, ich stehe zu meiner politischen Gesinnung“, erklärte er 2011 im Standard, „die SPÖ ist um zehn Jahre hinten nach. Man kann Schüssel lieben oder nicht, aber er war staatsmännisch unterwegs.“