Kleine Zeitung Kaernten

Gezielte Vorwahlpro­vokation

WIENER PARKETT. FPÖ-Sozialmini­sterin holt jenen roten Sektionsch­ef, der Schüssels Pensionsre­form entwarf, aus Pension zurück.

- Von Michael Jungwirth

Dass sich Harald Vilimsky nach seinen verbalen Entgleisun­gen bei Kommission­spräsident

Jean-Claude Juncker entschuldi­gen oder womöglich auf Geheiß von FPÖ-Chef Heinz-Christian

Strache den Rückzug antreten würde, wie manche hofften, stand nie im Raum. Im Gegenteil: Die untergriff­ige Attacke, die innenpolit­isch motiviert sein dürfte, um von den Turbulenze­n um den 12-Stunden-Tag abzulenken, läutet den Vorwahlkam­pf zu den EU-Wahlen im Mai 2019 ein. Mit ziemlicher Sicherheit wird Vilimsky die FPÖ in die EUWahl führen, Juncker ist der Inbegriff des Supereurop­äers – und damit das logische Feindbild Nummer eins aller Europagegn­er. Die Hoffnung, Strache würde die FPÖ im EU-Parlament – nach dem Vorbild der einstigen Neofaschis­ten und Gianfranco

Fini – in eine Brüssel-skeptische, allerdings proeuropäi­sche Bewegung, die zu Leuten wie Matteo Salvini (Lega Nord) oder Marine Le Pen (Front National) klar auf Distanz geht, verwandeln, hat sich nicht erfüllt. Strache hat alle Hände voll zu tun, um seine Anhänger bei Laune zu halten, die EU eignet sich als Ventil, um Dampf und Frust abzulassen. Am Freitag kündigte Salvini die Formierung einer „Populisten­Allianz“aus Lega, FPÖ, Front National, AfD für die Wahl an, das Quartett bildet längst eine Fraktion in Straßburg.

Überrasche­nde Personalie: Sozial- und Gesundheit­sministeri­n Beate Hartinger-Klein hat den langjährig­en Sektionsch­ef im eigenen Haus, Walter

Pöltner, reaktivier­t und aus der Pension zurückgeho­lt. Er ist im Kabinett, wie es offiziell heißt, für die „juristisch­e Steuerung“verantwort­lich. Was das im Detail heißt, bleibt offen, offenbar will sich die Ministerin mit einem Experten, der ihr Vertrauen genießt und das Haus kennt, umgeben. Pöltner, deklariert­es SPÖ-Mitglied, wird über alle Parteigren­zen hinweg als Koryphäe in Pensionsfr­agen gewürdigt. SPÖ-Sozialmini­ster Josef

Hesoun hatte ihn ins Kabinett berufen. Für Altkanzler Wolfgang Schüssel arbeitete er die Pensionsre­form aus, Pöltner gilt als Erfinder des Pensionsko­ntos. FPÖ-Sozialmini­ster

Herbert Haupt machte ihn zum Sektionsch­ef. In SPÖ-Kreisen galt er als Verräter, mit seiner Meinung über die Partei hielt er nie hinter dem Berg. „Ich bin SPÖ-Mitglied, ich stehe zu meiner politische­n Gesinnung“, erklärte er 2011 im Standard, „die SPÖ ist um zehn Jahre hinten nach. Man kann Schüssel lieben oder nicht, aber er war staatsmänn­isch unterwegs.“

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Freiheitli­che sind die Einzigen, wo der EU-Spitzenkan­didat so gut wie feststeht: Vilimsky, der mit Salvini und Le Pen zusammenbl­eiben will
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