„Österreich ist ein maßgeblicher Verbündeter der USA“
INTERVIEW. Der neue US-Botschafter Trevor Traina will nicht nur für Präsident Trump sprechen, sondern für alle Amerikaner. Österreich ist vor allem für den Westbalkan für Washington strategisch wichtig.
Ihr Großvater Wiley T. Buchanan Jr. war von 1975 bis 1977 US-Botschafter in Österreich. Wie viel Diplomatie haben Sie von ihm gelernt?
TREVOR TRAINA: Meine erste Reise ins Ausland war ein Besuch bei meinen Großeltern in Wien. Ich werde nie vergessen, wie diese Reise meine Augen für die Bedeutung von Diplomatie geöffnet hat. Für mich ist gute Diplomatie, wenn Menschen still und unermüdlich alles dafür tun, dass die Welt sicherer wird. Es ist nicht unbedingt das, was man tut, sondern vor allem, dass es geräuschlos passiert. Diese wichtige Grundlektion hat mich mein Großvater gelehrt. Von ihm habe ich auch die Wertschätzung anderer Kulturen gelernt, zum Beispiel jener großartigen hier in Österreich. Österreich ist ein kleines Land. Wie wichtig ist es für die USA und ihren Präsidenten? Ich sehe Österreich nicht als ein kleines Land. Es ist ein wichtiger Staat und ein Index für den Gesundheitszustand der gesamten Region. Meinem Gefühl nach schaut die gesamte Region auf Österreichs Führungsstärke. In dieser Hinsicht teilen wir viele Interessen. Die Sicherheit des Westbalkans zum Beispiel. Österreich ist ein großer Truppensteller für internationale Friedensmissionen im Kosovo oder Bosnien.
Sie erwähnen das Interesse am Balkan. Nun hat Präsident Donald Trump Montenegro als „aggressiv“bezeichnet. Er frage sich, warum die Nato ein so kleines Mitgliedsland verteidigen müsse und Montenegro über die Beistandspflicht einen Dritten Weltkrieg auslösen könnte. Das hat auch in Wien Irritationen ausgelöst. Können Sie das erklären? Der Beitritt zur EU und zur Nato kann in jungen Staaten positive Veränderungen bewirken. Österreich hat ja einige Erfahrung und erhebli-
chen Einfluss in der Region. Ich setze mich ununterbrochen in Washington dafür ein, dass wir uns bei Initiativen zum Westbalkan zuerst mit Österreich koordinieren – zumal Wien ein gutes Gespür in dieser Hinsicht hat. Eines der Ziele der EURatspräsidentschaft ist der Fokus auf die Sicherheit am Westbalkan. Und sichere und stabile Westbalkan-Staaten sind auch im Interesse der USA.
Zuletzt hat es ja etliche Irritationen mit den Europäern gegeben. Wie schwierig ist es, als Diplomat für einen Präsidenten zu vermitteln, der so erratisch ist? In meinen Augen stellt der aktuelle Präsident Fragen zu den gleichen Themen wie die vorhergehenden Präsidenten. Sei es die Frage nach einem fairen Handel oder nach mehr finanziellem Engagement der Europäer in der Nato oder auch nach mehr Energie-Autonomie des europäischen Kontinents. Der Präsident drängt auf dieselben Punkte, die für Amerika seit Langem wichtig sind. Der einzige Unterschied liegt im Stil. Wenn wir aber auf das jüngste Nato-Kommuniqué schauen, stimmen wir wohl alle darin überein, dass dies ein positives Ergebnis ist. Mehr Geld für die Nato aus den USA und auch aus Europa, was auch zu einem gestärkten Europa führt. Ich hoffe, dass wir solche Ergebnisse auch in anderen Bereichen sehen.
Aber ist es schwer als Botschafter, diese Art des Präsidenten für Europas Regierungen und Öffentlichkeit zu übersetzen? Ich bin der Botschafter für alle Amerikaner. Ich wurde einstimmig im Senat, also von Demokraten und Republikanern, gewählt. Ich bin mit der Stimme aller Amerikaner für alle Österreicher nach Wien gekommen. Es ist meine Aufgabe, jede Möglichkeit zu suchen, die Freundschaft zu stärken. Nach meiner Erfahrung können Freunde, die gut zusammenarbeiten, gemeinsam unglaubliche Dinge erreichen.
Österreich nutzt seine Brückenfunktion nach Osteuropa seit dem Zweiten Weltkrieg und möchte die Rolle nun ausbauen. Konnten Sie das anbringen? Natürlich versuche ich ständig Aufmerksamkeit in Washington dafür zu gewinnen, wie strategisch wichtig Österreich ist. Es ist ein maßgeblicher Verbündeter der USA. Der Kanzler und ich haben vereinbart, jeden in Washington daran zu erinnern, dass Wien ein exzellenter Ort für den Dialog ist. In Zukunft wird an Wien sicher gedacht.