Hallenbad und Schlaganfall
Ich war noch ein kleines Kind, als ich von der Wohnung meiner Großmutter in der Gasometergasse aus sah, wie der Backsteinturm des alten Fernheizkraftwerks gesprengt und an Ort und Stelle das erste Klagenfurter Hallenbad erbaut wurde. Das war nur ein Beispiel für viele städtebauliche Maßnahmen dieser Zeit. Einen Gemeinderat gab es damals auch, aber keinen „Bürgerbeteiligungsprozess“und insgesamt viel weniger Demokratie. Bürgermeister Ausserwinkler machte einfach, und er machte es nicht schlecht.
Viele Jahre zogen ins Land, die Welt wurde eine andere, das Hallenbad alt, baufällig – und ich erwachsen. Als mittelalter Schriftsteller bekam ich diese Kolumne, und eine meiner ersten Glossen vor 20 Jahren – noch im alten Jahrtausend forderte: „Ein Hallenbad am See!“(Nachdem Experten das Hallenbad für einsturzgefährdet hielten und eine Schließung „spätestens 2005“unvermeidlich schien, tobte eine „Standortdebatte“. Ähnliche Expertengutachten und Standortdebatten waren 2008 zu registrieren, 2010 (damals auch Architektenwettbewerb), 2011 (erstmals Bürgerbeteiligungsprozess!) und heute, 20 Jahre lang, kein Ende abzusehen. Kommunalpolitisch hat sich die Maxime durchgesetzt: Was du übermorgen kannst besorgen, das verschiebe nicht auf morgen!
Heute stehe ich an der Schwelle zum Alter; seit Jahren pendle ich beruflich zwischen der größten und der zweitgrößten Kärntner Stadt (Wien), wo zu meinem Bürgerneid in einem Bruchteil der Zeit ganze neue Stadtteile aus dem Boden schießen (z. B. Seestadt!). In der neuen Kärntner Großstadt hingegen tagt seit Jahr und Tag ein Gemeinderat zu gegenseitiger Zerstörung und Verhinderung, der nur die eine Botschaft hat: Kein Geld für dies, kein Geld für das, da kein Geld, dort kein Geld, außer die Sitzungsgelder für Sitzungen des Kein-Geld-Gemeinderats! Die ultima ratio: Wir verkaufen uns an den Bestbieter!
In der größten Kärntner Stadt muss einem die Demokratie etwas wert sein, alles muss sie wert sein, auch dass sie auf Kosten des Wohlergehens der Stadt und ihrer Bürger geht. Aber was heißt Wohlergehen? Der große Klagenfurter Robert Musil hat im Diana-Hallenbad einen Schlaganfall erlitten. In der zweitgrößten Kärntner Stadt.