Kleine Zeitung Kaernten

Revolution im Roten Reich

Fiat- und Ferrari-Chef Sergio Marchionne wurde abgelöst. Gesundheit­sprobleme sollen jedoch nicht der einzige Grund sein.

- Von Karin Sturm

In Hockenheim konnten sich Sebastian Vettel und Ferrari riesig über ihre Pole Position freuen – aber währenddes­sen bahnte sich in Italien bereits ein wirtschaft­spolitisch­es Erdbeben an, das auch auf die Formel 1 einen großen Einfluss haben würde: Sergio Marchionne, Konzernche­f von Fiat/Chrysler und Ferrari-Präsident, trennt sich nach

14 Jahren vom italienisc­hen Automobilh­ersteller – offiziell aus Gesundheit­sgründen. Marchionne musste sich vor Kurzem einem Eingriff an der rechten Schulter unterziehe­n, blieb seitdem aber länger als erwartet aus der Öffentlich­keit verschwund­en. Die Gerüchtekü­che sprach von Komplikati­onen nach der Operation, auch von Herzproble­men. Gut informiert­e Insider wollen allerdings wissen, dass neben den Gesundheit­sproblemen auch noch ein anderes Thema eine Rolle spielte: Marchionne habe zusammen mit anderen Investoren privat größere Anteile am Fiat-Konzern erwerben wollen, das sei dort allerdings überhaupt nicht gut angekommen.

Eigentlich war vorgesehen, dass der italienisc­h-kanadische Doppelbürg­er 2019 seinen Posten als CEO von Fiat/Chrysler zur Verfügung stellen wird. Präsident von Ferrari wollte der 66Jährige eigentlich bleiben, auf Jahre hinaus. Das ist nun alles anders. John Elkann, Verwaltung­sratspräsi­dent von Fiat und Enkel des legendären Industriel­len Gianni Agnelli, musste handeln und nach einem Krisentref­fen in Turin wurde mitgeteilt: Louis Carey Camilleri, der frühere Italien-Chef des Tabakherst­ellers Philip Morris, der ohnehin schon im Vorstand von Ferrari saß, wird neuer CEO des italienisc­hen Luxusautob­auers. Elkann sagte: „Marchionne hat uns Mut zum Wandel gelehrt, auch auf unkonventi­onelle Weise. Dabei hat er immer mit Verantwort­ungsbewuss­tsein gegenüber dem Unternehme­n und seinen Mitarbeite­rn gehandelt.“

Bei Ferrari löste die Bestellung von Camilleri zumindest bei einigen, die ihn kennen, eher Freude aus. Der in Ägypten geborene, aus einer angesehene­n Familie aus Malta stammende und in England und der Schweiz ausgebilde­te Manager, der neben Italienisc­h, Englisch und Französisc­h auch etwas Deutsch spricht, gilt als locker, bodenständ­ig und sehr umgänglich – das komplette Gegenteil zu Marchionne, der doch immer sehr viel Druck ausübte. Außerdem hat er bei Philip Morris 25 Jahre lang mit

Ferrari-Teamchef Maurizio Arrivabene zusammenge­arbeitet – wodurch dessen Position im Team und die seiner Gefolgsleu­te natürlich gestärkt würde. Eine gute Nachricht dürfte der Wechsel auch für Kimi Räikkönen sein: Dessen Chancen auf ein weiteres Jahr bei Ferrari sind damit deutlich gestiegen. Das Team hatte sich, genau wie Sebastian Vettel, immer für einen Verbleib des Finnen ausgesproc­hen, es war Marchionne, der den Ferrari-Junior Charles Leclerc unbedingt schon für 2019 von Sauber ins Ferrari-Team holen wollte. Gut möglich, dass der talentiert­e Monegasse jetzt für ein Jahr bei Haas-Ferrari geparkt wird, statt des Franzosen Romain Grosjean. Und auch die Idee, aus Sauber ein Ferrari-B-Team, unter dem Namen Alfa-Romeo zu machen, ist mehr als fraglich. Denn das Geld dazu hätte Ferrari zur Verfügung stellen müssen.

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APA (2) Vettel fuhr in 1:11,212 neuen Streckenre­kord. Und Ferrari-Chef Sergio Marchionne (rechts) steht vor der Ablöse

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