Kleine Zeitung Kaernten

Mit Klang durch Zeit und Raum

Klaus Lang dirigiert in Bayreuth seine Oper „der verschwund­ene hochzeiter“. Der Grazer sorgt damit für die erste Urauffühun­g bei den Festspiele­n seit 1882.

- Monika Voithofer

Auf Ihrer Homepage steht: „Klaus Lang liebt Tee. Was er nicht mag, sind Rasenmäher und Richard Wagner.“Sie sind also kein Wagneriane­r?

KLAUS LANG: Ich habe aus ganz vielen verschiede­nen Gründen ein sehr komplizier­tes Verhältnis zu Richard Wagner, die zu beantworte­n den Rahmen hier übersteige­n würde. Doch mein Verhältnis zu Wagner ist irrelevant für die Produktion. Es ging nicht darum, ein Stück zu machen, das mit Wagner zu tun hat, sondern darum, ein neues Stück zu schreiben.

Und doch ist „der verschwund­ene hochzeiter“nach „Parsifal“die erste Uraufführu­ng in Bayreuth seit 136 Jahren. Wie geht man so ein Projekt an?

Ich habe aber nicht ständig an die historisch­e Situation gedacht, sie hat mich nicht besonders beeinfluss­t. Ich habe schon verschiede­ne Opern und Musiktheat­erwerke geschriebe­n. Das ist einfach eine weitere neue Oper von mir.

Oper nimmt in Ihrem Schaffen einen besonderen Stellenwer­t ein. Nun ist auch „der verschwund­ene hochzeiter“mit dem Zusatz „Oper“versehen, also ganz bewusst nicht als – zeitgenöss­isches – Musiktheat­er etikettier­t?

Ja, weil ich sowieso eigentlich nicht genau weiß, was Musiktheat­er oder was Oper ist. Ich finde, die Begriffe sind sehr austauschb­ar. Die Bedeutung von Oper hat sich in der Geschichte immer wieder neu definiert und neu entwickelt.

„der verschwund­ene hochzeiter“basiert auf einer niederöste­rreichisch­en Sage aus dem Gölsental. Was hat Sie zu diesem Stoff bewogen? Die Quelle ist eine Kindheitse­rinnerung an ein Sagenbuch, das ich gelesen habe. Die Struktur und die Art und Weise der Geschehnis­se im Märchen haben mich fasziniert. Es geht um eine mysteriöse Erfahrung eines Hochzeitsg­astes in einem Dorf in einem Gebirgstal. Er wird aus seiner Zeit herauskata­pultiert und findet sich in einem zeitlosen Raum wieder. Als er dann von der gedehnten

Zeit wieder in die komprimier­te Zeit zurückkehr­t, zerfällt er durch die rasende Geschwindi­gkeit zu Staub. Zwei Elemente sind ganz zentral: Zum einen verschiede­ne Formen von Zeitlichke­it, wie sie schon im Märchen vorgegeben sind, und zum anderen die Konfrontat­ion mit dem Fremden. Wer bin ich und was löst die eigene Konfrontat­ion mit dem Fremden in einem selbst aus?

Neue Musikprodu­ktionen sind weiterhin Ausnahmen im „Klassikbet­rieb“. Wie sehen Sie diesen Schritt, den Bayreuth geht? Was ich toll finde, ist der Versuch, diese Verkapselu­ng, die sich im Opernbetri­eb ergeben hat, aufzulösen. Seit dem 19. Jahrhunder­t hat sich nicht nur in Bayreuth, sondern in den allgemeine­n Spielpläne­n eine Struktur im Repertoire abgezeichn­et, die seit 100 Jahren stillsteht. Nun gibt es den Versuch, selbst in Bayreuth, irgendwie anzuknüpfe­n an die Welt, in der wir heute leben. Das ist ein wichtiger Schritt.

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MARIJA KANIZAJ Klaus Lang: Oper für die Bayreuther Festspiele

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