Weder Himmelblau noch Zuckerlrosa
Frauen, Männer und alles dazwischen: die neue Doku von ORF und 3sat über die klassischen Geschlechterbilder als Auslaufmodell.
Er habe immer schon gewusst, dass er keine richtige Frau sei, erzählt Erik Schinegger über seine Geschlechtsumwandlung. In Österreich ist die Geschichte der Skifahrerin Erika keine unbekannte. Das Kärntner „Bauerndirndl“wurde im Jahr 1966 Abfahrtsweltmeisterin. Was niemand wusste: Bei dem ÖSV-Superstar setzte nie die Menstruation ein und auch die Brüste wollten während der Pubertät nicht wachsen. Was folgte, war die große Erkenntnis. Erika wollte Erik sein. Mit der Rolle der Frau konnte er sich nicht anfreunden. „Ich habe gedacht, ich bin vielleicht gar kein Geschlecht“, sagt Schinegger. „Das war jetzt mein schlimmster Gedanke. Bin ich vielleicht gar nix?“Bei den Fans und im Sport fiel er deswegen in Ungnade. Sein Leben unter dem Brennglas der Öffentlichkeit war lange Zeit kein leichtes.
Schicksale wie dieses und weitere Perspektiven auf die Transgenderfrage zeigt die Dokumentation „Die Abschaffung der Geschlechter. Typisch Mann, typisch Frau, ty- pisch Was?“. Die Produktion von Constanze Grießler und Franziska Mayr-Keber läuft heute Abend um 20.15 Uhr auf 3sat. Mitunter aus aktuellem Anlass. Ein Urteil des Verfassungsgerichtshofes erlaubt den dritten Geschlechtseintrag im österreichischen Behördenregister. Außerdem gelten Transgenderpersonen laut WHO ab sofort nicht mehr als psychisch krank.
Im Alltag kämpfen jene, die sich weder als Mann noch als Frau definieren, nach wie vor um Anerkennung. Es scheitert bereits an der „Häusl-Debatte“. Die Forderung nach einer dritten Toilette provoziert. Darüber diskutieren der Kolumnist Harald Martenstein und die Rektorin Eva Blimlinger. Die Szenenwechsel der Doku holen noch andere Betroffene und Experten vor die Kamera. Beispielsweise eine männliche Cheerleader-Gruppe oder Aktivistin Stevie Schmiedel, die das boomende Gender-Marketing in der Spielzeugindustrie kritisiert. Weil die Realität vielschichtiger ist als Rosa für Mädchen und Blau für Buben.