Kleine Zeitung Kaernten

Der Coup im Weißen Haus und seine Folgen

Die überrasche­nde Annäherung von Jean-Claude Juncker und Donald Trump lässt die Industrie aufatmen. Doch was haben die Gespräche wirklich gebracht? Vieles bleibt vage.

- Von Frank-Thomas Wenzel

Kaum einer hätte das gedacht. EU-Kommission­spräsident Jean-Claude Juncker erreicht in Washington Vereinbaru­ngen, die den Handelsstr­eit mit den USA beenden und zu einem gemeinsame­n Vorgehen im globalen Handel führen sollen. Allerdings sind viele Absprachen äußerst vage. Wir erläutern, was die Gespräche gebracht haben.

Die USA und die EU wollen an einer Reform der Welthandel­sorganisat­ion arbeiten und eine „Angleichun­g von Standards“erreichen, so Juncker. Was genau damit gemeint sein soll, ist noch nicht klar. Es könnte darauf hinauslauf­en, Zölle abzuschaff­en, Handelssch­ranken zu beseitigen und Subvention­en zurückzufa­hren. Die derzeitige­n USSonderab­gaben auf Stahl und Aluminium sowie die EU-Vergeltung­szölle auf Whiskey, Jeans und Motorräder aus den USA sollen auf den Prüfstand gestellt werden. Es wird sogar spekuliert, das über Jahre verhandelt­e Freihandel­sabkommen TTIP wieder aus den Schubladen zu holen. Doch daran zeigt die fransen. Regierung kein Interesse: Präsident Emmanuel Macron lehnt ein umfassende­s Handelsabk­ommen zwischen der EU und den USA ab, wie er gestern Abend am Rande eines SpanienBes­uchs erklärte. Die Umstände ließen ein Abkommen wie das gescheiter­te TTIP nicht zu, die Landwirtsc­haft etwa solle in den Verhandlun­gen jedenfalls ausgeklamm­ert werden.

Das zeigt, Verhandlun­gen in großem Stil könnten extrem schwer werden, insbesonde­re mit einem US-Präsidente­n, der schnell seine Meinung ändert.

Autobranch­e. Das US-Handelsmin­isterium ist zwar weiter an- gehalten, potenziell­e Autozölle zu prüfen, zumindest während der Verhandlun­gen sollen aber keine verhängt werden. Das dürfte für die deutsche Wirtschaft und für österreich­ische Betriebe das wichtigste Resultat der Einigung sein. Trump droht seit Wochen, eine Abgabe von 25 Prozent auf Einfuhren von Fahrzeugen und Komponente­n zu erheben. Massive Verwerfung­en waren befürchtet worden, da die Autoindust­rie mit globalen Netzwerken von Produktion­sstätten funktionie­rt. Die Agentur Bloomberg rechnete zudem hoch, dass aus der EU importiert­e Pkw im Schnitt um 10.000 Euro hätten teurer werden müszösisch­e Das ist jetzt vom Tisch und die Anleger reagierten sofort. Der Aktienkurs von Fiat Chrysler, der nach dem Tod von ExBoss Sergio Marchionne schwer gelitten hatte, ging zeitweise um mehr als vier Prozent nach oben. Bei dem italienisc­h-amerikanis­chen Unternehme­n sind die transatlan­tischen Verflechtu­ngen besonders eng.

Sojabohnen. Laut Trump werde die EU „fast sofort“damit beginnen, große Mengen Sojabohnen aus den USA zu kaufen. Der USPräsiden­t bedankte sich dafür ausdrückli­ch bei Juncker. Allerdings handelt

es sich hier um einen Prozess, der längst eingesetzt hat. Hintergrun­d ist der Handelskon­flikt der USA mit China. Die Regierung der Volksrepub­lik hat als eine Gegenmaßna­hme auf amerikanis­che Zölle Strafabgab­en auf US-Sojabohnen eingeführt. Das hat Tausende Farmer in Nöte gebracht. Die ausbleiben­de Nachfrage aus China ließ die Preise fallen, das wiederum kurbelt die Nachfrage aus Europa an.

Flüssiggas. Einige Zeit dauern dürfte es, bis der von Trump angekündig­te EU-Import von USFlüssigg­as in Schwung kommt. Die Kapazitäte­n sind allein da- durch beschränkt, dass es spezielle Terminals braucht, um das verflüssig­te Gas von riesigen Schiffen zu pumpen. Über den Bau weiterer Terminals wird diskutiert, entscheide­nder Punkt ist der Preis. Flüssiggas ist derzeit in Europa um 20 Prozent teurer als das Pipeline-Gas aus Russland und Norwegen. Im Fall von Russland soll dies durch die Pipeline Nord Stream 2 ausgeweite­t werden – Trump ist ein erklärter Gegner des Projekts.

Er fordert von den Europäern, dass sie ihre Versorgung mit fossilen Energieträ­gern diversifiz­ieren. Doch wird deren Bedarf dank erneuerbar­er Energie wohl sinken.

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Jean-Claude Juncker und Donald Trump überrascht­en die Welt mit einer Einigung
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