Auch beim Loben zählt Ehrlichkeit
Zu viel und ständiges Lob ist toxisch, so verlieren Kinder die innere Motivation.
Wow, Luki, das hast du suuuper gemacht!“, ruft die Mama ihrem Fünfjährigen am Spielplatz zu. Luki hat gerade beim Brunnen sein Kübelchen voll mit Wasser gepumpt und seiner Mutter gezeigt. Die geht förmlich über vor lauter Begeisterung. Man will seinem Kind schließlich Bestätigung und Wertschät- zung entgegenbringen. Lob kann nie schaden. Oder?
„Tatsächlich kann zu viel Lob toxisch sein für Kinder“, sagt Kinderarzt und Buchautor Herbert Renz-Polster von der Uni Heidelberg. Kinder seien von sich aus hoch motiviert und gingen nach dem Ich-kann-dasPrinzip vor. Wenn Eltern bei jeder Kleinigkeit überschäumen vor Lob, senden sie ein gegenteiliges Signal aus, nämlich: Ich glaube, von dir aus bist du schwach, faul und nicht motiviert. Also muss ich dich über die Maßen loben, damit du das überwindest. RenzPolster zieht einen einprägsamen Vergleich heran: „Stellen Sie sich vor, ein Mann sagt bei jedem Essen, das seine Frau gekocht hat: ,Das hast du irre gut gemacht, hätte ich nicht gedacht, dass du das so gut kannst!‘ Die Frau würde sich einfach veralbert fühlen.“
birgt ein Zuviel an Zuspruch bei Kindern einen Wechsel von der naturgegebenen inneren Motivation zur Motivation, die von außen kommt. „Das führt dazu, dass Kinder irgendwann nur noch darauf hinarbeiten, von den Eltern verstärkt und anerkannt zu werden.“Und es kann auch die Leistung schmälern. Der Experte nennt eine Studie, bei der zwei Gruppen von Kindern Rechenaufgaben lösen mussten. Die eine Gruppe wurde für jede absolvierte Aufgabe gelobt. Die andere hat einfach daran gearbeitet, ohne Rückmeldung. Das Ergebnis: „Die Gruppe der nicht gelobten Kinder ist in der Aufgabenstellung viel weiter gekommen.“Und die Conclusio daraus: „Innere Motivation trägt weiter als äußere.“
Kinder sind von sich aus hoch motiviert. Übermäßiges Lob der Eltern ist eher eine Entwertung.