Zu den Lotsenstreiks: „Europa muss eingreifen“
Thomas Haagensen verantwortet die Expansion der Billig-Airline Easyjet auf dem europäischen Festland. In Österreich baut er das Konzernstandbein für das Post-Brexit-Zeitalter auf.
In Wien überbieten sich die neuen Billig-Airlines mit Dumpingangeboten. Warum hört man von Easyjet in diesem Preisgefecht wenig?
THOMAS HAAGENSEN: Der österreichische Markt ist für uns sehr wichtig. Wir hatten im vergangenen Jahr 33 Prozent Wachstum und werden auch in diesem Jahr weiterwachsen, aber unser Fokus liegt in Berlin, auch noch in Bordeaux. Vor allem die große Basis Berlin-Tegel wollen wir erst einmal konsolidieren.
Heißt das, Sie werden nicht wie alle anderen Flugzeuge in Wien stationieren? Wir werden auch ohne eine solche Basis in Wien wachsen, wir sind seit Jahren hier und es funktioniert gut.
Wen sehen Sie als Gewinner und Verlierer dieser Entwicklung? Da mache ich keine Prognose. Es ist ein extrem harter Kampf. Das ist super für die Passagiere.
Bekommen Sie den Kampf bei Ihren Preisen zu spüren? Nein, das passiert mehr auf anderen Strecken. Unsere Strategie ist, dass wir auf unseren Strecken die Nummer eins sind. Deshalb fliegen wir auch Ziele wie Basel, Amsterdam oder Bristol an.
Werden die Bundesländerflughäfen wichtiger? Ab dem kommenden Wochenende startet Easyjet ja die Strecke Graz-Berlin. Wir sind gerade dabei, dieses Streckennetz zu entwickeln. Das hat auch mit der jetzt stetig wachsenden Kapazität in Berlin zu tun. Grundsätzlich geht es meist um das Angebot, von London oder Berlin in Wintersportregionen zu kommen, auch nach Klagenfurt. Aber in Graz ist unser Plan, das über den Winter hinaus anzubieten.
Kann das gut ausgelastet sein?
Es wird ein paar Monate brauchen. Aber wir erwarten grundsätzlich überall, dass wir unsere üblichen Werte von über 90 Prozent schaffen.
Kommen noch mehr Verbindungen, vielleicht auch in Klagenfurt? Diese Frage bekomme ich natürlich oft zu hören, aber es geht schlicht nur eins nach dem anderen. Klagenfurt und Graz im Portfolio zu haben, macht Sinn. Und wir schauen uns grundsätzlich auch alles an für den nächsten Sommer. Wir sind froh, wenn wir uns in Österreich entwickeln. Aber wenn Sie mich fragen, womit ich mich am meisten beschäftige, dann ist das immer noch Tegel.
Warum haben Sie nicht mit Niki Lauda geredet, als der für Laudamotion eine starke Airline gesucht und schließlich in der Ryanair gefunden hat? Wir hatten da ja schon Teile von Air Berlin übernommen und den Flugbetrieb wieder gestartet. Das war unser Fokus.
Im Moment gibt es viele Ausfälle, Verspätungen. Wie hat man die Allianz gegen die französischen Fluglotsenstreiks zu verstehen? Die behindern ganz Europa. In manchen Ländern habe solche Streiks nur Auswirkungen auf das Land selbst, aber das ist hier ganz anders. Es trifft alle. Da muss Europa im Sinne seiner Bürger eingreifen.
Das Passagierrechte-Portal Airhelp wirft den Airlines vor, mit diesem Manöver nur von den eigenen Verfehlungen abzulenken und sich um Entschädigungen drücken zu wollen.
Das hat damit wirklich nichts zu tun. Wir zahlen Entschädigungen, heuer viel mehr als vor einem Jahr. Die Kunden sollen lieber direkt zu uns kommen, diese Portale bieten keinen Mehrwert. Die machen das nur, um Geld zu verdienen. Unsere Klage zielt noch auf etwas anderes. Die Eurocontrol (als oberste Luftverkehrsüberwachung) hat in diesem Jahr weniger Leute eingesetzt als 2017, obwohl es deutlich mehr Flüge gibt. Wir haben ein Problem mit der Kapazität am Himmel. Wir sind aber nicht die Ursache.
Hat Easyjet nicht auch von Streiks profitiert?
Im Gegenteil. Es hat einen Haufen Geld gekostet. Punktuell
vielleicht, weil Passagiere auf uns ausgewichen sind.
Andere wie Ryanair oder Wizz Air korrigieren ihre Prognosen nach unten, Easyjet nach oben.
Die Monarch-Pleite in England war für uns ein positiver Impact, aber wir haben auch einfach gute Buchungen und hohe Einkünfte durch andere Produkte neben den Tickets. Wir werden ja allein in Österreich die Zahl der Passagiere von 1,1 Millionen auf 1,5 Millionen in diesem Geschäftsjahr steigern.
Sie bauen ja in Wien das EUStandbein von Easyjet als Vorbereitung für den Brexit auf. Wie groß ist das inzwischen?
Es sind 113 Flugzeuge auf dem österreichischen AOC angemeldet. Derzeit arbeiten zwölf Mitarbeiter in Wien, wir vergrößern unser Team gerade. Wir werden jedenfalls auf alles vorbereitet sein.