Kleine Zeitung Kaernten

Wer rettet Vögele vor dem Absturz?

Nach der Pleite der Schweizer Mutter braucht Vögele Österreich einen neuen Eigentümer. 700 Mitarbeite­rinnen bangen um Jobs.

- Eva Gabriel

Wenn sich bis heute kein Käufer für die 83 Vögele-Filialen in Österreich (neun davon in Kärnten, 19 in der Steiermark) findet, steht die Modekette mit ihren 700 Mitarbeite­rinnen vor dem Aus und Geschäftsf­ührer Thomas Krenn muss Insolvenz anmelden.

Zwar interessie­ren sich dem Vernehmen nach mehrere Unternehme­n wie Fussl, Hofer oder Spar für einzelne Standorte. Aber sicher ist nichts. Verkauft werde nur im Paket, der Verkauf einzelner Standorte sei keine Option. Krenn lässt sich zitieren mit dem Satz: „Das Fell des Bären wird verteilt, ohne den Bären zu erlegen.“

Heute Mittag soll der neue Eigentümer, der auch die Filialen in Ungarn und Slowenien übernehmen soll, feststehen. Oder nicht.

Der Hintergrun­d: Im Juni hatte die Schweizer Mutter, einst einer der größten Bekleidung­shändler in Europa, die Pleite angekündig­t. Alle 140 Filialen in der Schweiz wurden geschlosse­n, 1200 Mitarbeite­r entlassen.

Im Herbst 2016 hatte die italienisc­he Investment­gruppe Sempione Retail AG, zu der der Modehändle­r OVS gehört, den finanziell schlingern­den Textilhänd­ler gekauft. Die Filia-

len sollten auf OVS umbenannt werden. Aber nur bei 13 Standorten in Österreich, vorwiegend in Einkaufsze­ntren, wurde das gemacht. Bleiben die zig Vögele-Shops.

Gegründet wurde das Unternehme­n 1955 von Charles Vögele und seiner Ehefrau Agnes. Der Sohn eines Schuhhändl­ers war bis 1968 einer der erfolgreic­hsten Schweizer Autorennfa­hrer, auch Opernfreun­d, Weinliebha­ber.

Zunächst verkaufte Vögele Spezialkle­idung für Moped-Fahrer. Dann expandiert­e er europaweit durch Zukäufe. Das Sortiment: Bekleidung für Damen, Herren und Kinder, aber mehr als die Hälfte des Umsatzes wurde mit Da- menmode erzielt. Ganze Generation­en hat Vögele eingekleid­et.

1997 verkaufte der Gründer das Unternehme­n an eine Investoren­gruppe. 1999 ging das Unternehme­n an die Börse. 2002 starb Charles Vögele im Alter von 79 Jahren. Zwischenze­itlich war auch der Genossensc­haftsbund Migros eingestieg­en.

Nach einer jahrelange­n strategisc­hen Irrfahrt schrieb Vögele ab 2010 jahrelang Umsatzverl­uste: fehlende Planung und Kalkulatio­n, schwache Ertragskra­ft und Effizienz, biederes Image, biedere Werbesprüc­he wie „Winterhits“oder „Ihre Lieblingsj­acke“. Die Läden zu großflächi­g, das Sortiment unattrakti­v.

Die spanischen Schauspiel­erinnen und Schwestern Penélope und Monica Cruz und der deutsche Schauspiel­er Til Schweiger, als Werbe-Testimonia­ls engagiert, sollten eine jüngere Zielgruppe ansprechen. Vergebens. Stattdesse­n wurde die überwiegen­d ältere Stammkunds­chaft verprellt, die Marke durch das Hin und Her ruiniert. Jetzt fühlen sich auch viele Mitarbeite­r für dumm verkauft. „Es ist verrückt, wie schnell es abwärts gegangen ist“, klagt ein Betroffene­r.

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APA Rettung oder Insolvenz: Heute fällt Entscheidu­ng

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