Die Sternstunde der Sopranistin
Die 37-jährige Sängerin Asmik Grigorian ist der neue Star in Salzburg.
Hättest du mich angesehn, Jochanaan, du hättest mich geliebt“, klagt Salome dem abgeschlagenen Kopf Johannes des Täufers, Jochanaan. Spätestens zu diesem Zeitpunkt lagen der Sopranistin Asmik Grigorian als Titelfigur die Besucher von Richard Strauss’ Oper „Salome“bei den Salzburger Festspielen zu Füßen. Was folgte, waren minutenlange Standing Ovations in der Felsenreitschule, etwa auch von Claus Peymann. Für die unglaubliche Bühnenpräsenz der litauischen Sängerin gab es auch einen Kniefall von Regisseur Romeo Castellucci und ein inniges Umarmen von Dirigent Franz Welser-Möst. Asmik Grigorian bedankte sich in ihrer eigenen, umwerfenden Art: barfüßig mit einem Luftsprung. Die 1981 in Vilnius geborene Tochter des armenischen Tenors Gegam Grigorjan und der litauischen Sopranistin Irena Milkeviciute wuchs mit Musik und der prallen Welt der Oper auf. Die 37-Jährige, seit 2015 mit Opernregisseur Vasily Barkhatov verheiratet, singt längst in den besten Häusern der Welt, von der Met in New York bis zur Wiener Staatsoper. Schon im Vorjahr begeisterte die Mutter eines bereits 16-jährigen Sohnes und einer zweijährigen Tochter als Marie bei den Salzburger Festspielen – in Alban Bergs „Wozzeck“in der flirrend-betörenden Inszenierung von William Kentridge. Doch mit der jetzigen „Salome“katapultierte sie sich in den Opernhimmel. „Ein Sopran-Star ist geboren“, schrieb der „Spiegel“. Die „Salome“zu verkörpern, verlange einer Sängerin enorme psychische Kraft ab, sagt Regisseur Castellucci. Zumal, wie Richard Strauss einst über seine Oper sagte, alle Figuren pervers sind. Doch Asmik Grigorian schafft es, Salome die Unschuld zurückzugeben.