Schwarze Wolken über Tsipras
Die Griechen warten nach dem Feuerinferno auf Antworten von ihrem Premier.
Eine Woche nach der verheerenden Feuerkatastrophe, bei der nach bisherigen Erkenntnissen 92 Menschen ums Leben kamen, hat der griechische Premier Alexis Tsipras am Montagmorgen endlich das Brandgebiet nordöstlich Athens aufgesucht. Über den Kurznachrichtendienst Twitter verbreitete Tsipras Fotos von seinem Besuch in dem abgebrannten Küstenort Mati und äußerte „unbeschreibliche Trauer“über die Opfer und „immensen Respekt“für die Katastrophenhelfer. Der Premier ließ sich von einem Kamerateam des Staatsfernsehens begleiten, andere Medien wurden nicht über den Besuch informiert.
Die griechische Regierungskoalition aus Links- und Rechtspopulisten sieht sich mit schweren Vorwürfen konfrontiert. Oppositionsparteien kritisieren, die Regierung habe nicht nur bei der Brandbekämpfung versagt und eine rechtzeitige Evakuierung der gefährdeten Orte versäumt, sondern auch das Ausmaß der Katastrophe verkannt oder zu vertuschen versucht. Am Abend der Katastrophe hatten die Rettungsdienste bereits Informationen über Todesopfer. Als Tsipras gegen Mitternacht in Begleitung mehrerer Minister das Einsatzzentrum aufsuchte und sich in einer vom Staats-TV live übertragenen Krisensitzung über das Ausmaß der Katastrophe informieren ließ, hatten Ambulanzen zehn Leichen geborgen. Dennoch ging Tsipras mit keinem Wort darauf ein. Die Opposition will jetzt wissen, ob der Premier nicht informiert war – oder ob die Regierung die Berichte über Todesopfer bewusst verschwieg. Innenminister Panos Skourletis sagte dazu, der Premier habe erst nach dem Ende der Liveübertragung von möglichen Todesopfern erfahren.
Unterdessen gab in Athen die Stavros-Niarchos-Stiftung bekannt, dass sie 25 Millionen Euro für die griechische Feuerwehr zur Verfügung stellt. Die Spende soll für die Beschaffung neuer Löschfahrzeuge, die Wartung vorhandenen Geräts und die Schulung von Feuerwehrleuten verwendet werden. Die Stiftung verwaltet einen Teil des Milliardenvermögens des 1996 gestorbenen Reeders Stavros Niarchos.