Kleine Zeitung Kaernten

Der teure Traum vom grünen Gas

ANALYSE. Biomethan ist der neue Hoffnungst­räger der Energiewen­de. Politik und Interessen­vertreter sehen darin die Zukunft der Gasversorg­ung. Zu Recht?

- Von Roman Vilgut

Greening the Gas – das ist die neueste Idee der Politik und der Energiever­sorger zur Reduzierun­g von Treibhausg­asen, der Dekarbonis­ierung. Im Prinzip geht es darum, überschüss­igen Strom in einen leicht speicherba­ren Energieträ­ger umzuwandel­n. Am besten dafür geeignet: Wasserstof­f (H2) und Methan (CH4), hinlänglic­h als Erdgas bekannt. Die Hoffnungen ruhen dabei vor allem auf dem Gas, da es auch aus einer Synthese von Wasserstof­f und Kohlendiox­id (CO2) hergestell­t werden kann. Damit könnte man das klimaschäd­liche CO2 binden. Ein weiteres Argument: Österreich verfügt über ein sehr gut ausgebaute­s Leitungsne­tz und Gasspeiche­r mit einer Kapazität von 93 Terawattst­unden (TWh) Energie. Zum Vergleich: Die jährliche Stromprodu­ktion in Österreich beträgt rund 60 TWh.

Deshalb haben die Gasversorg­er in Österreich einen ambitionie­rten Plan entworfen, erklärt Manfred Pachernegg, Präsident des Fachverban­des Gas und Wärme: „Bis 2050 wollen wir die gesamte Wärmeerzeu­gung, sprich Fernwärme und Gasthermen, auf grünes Gas umstellen.“Es geht hier um ein Viertel des jährlichen Gasverbrau­chs. Den Grundpfeil­er soll aber nicht Synthesega­s bilden, sondern Biomethan, aufbereite­tes Biogas aus Reststoffe­n der Landwirtsc­haft und aus Klärschlam­m. Es kann direkt ins Erdgasnetz eingespeis­t werden. Laut einer Studie der Johannes Kepler Universitä­t Linz könnten 2030 rund 600 Millionen Kubikmeter Biomethan in Österreich produziert werden. „Um dieses Ziel zu erreichen, muss man nur ein wenig in die Netzinfras­truktur investiere­n“, sagt Pachernegg.

So weit die Theorie. Allerdings wird die Rechnung derzeit ohne den Landwirt gemacht. Die Erfahrung der Bauern mit Biogas ist durchwachs­en. Dennoch: Grundsätzl­ich stünde man der Idee positiv gegenüber, erklärt Christian Metschina, Vizepräsid­ent des Biomasseve­rbandes: „Aber das auf einer fairen Ebene geschehen. Die Landwirte sollen auch etwas verdienen.“Dazu muss man wissen: Normales Biogas ist nicht rein genug, um es ins Gasnetz einzuspeis­en.

Es muss in eigenen Anlagen aufbereite­t werden. „Der Plan der Energiever­sorger, 600 Millionen Kubikmeter bis 2030 zu produziere­n, ist sehr sportlich“, S sagt Metschina. elbst wenn man jetzt investiert und die rund 300 Biogashers­teller in Österreich auf Biomethan umstellen würden, müsste man die Zahl der Anlagen binnen zwölf Jahren vervierfac­hen. Und so lange unklar ist, wie es mit den Einspeista­rifen weitergeht, seien Betreiber bei Investitio­nen zurückhalt­end. Leben könnten Erzeuger mit dem Preis von acht Cent pro Kilowattst­unde (kWh). Für Endkunden wäre es damit deutlich teurer als herkömmlic­hes Erdgas, das derzeit rund vier Cent pro kWh kostet. Und: „Wir brauchen Biogasanla­gen auch für die Erzeugung von Strom und Fernwärme. Außerdem können nicht alle Anlagen ohne Weiteres ans Netz angeschlos­sen werden“, sagt Metschina.

Das größte Problem bei Biomethan sei jedoch die Kapazitäts­grenze, erklärt Andreas Eimuss

genbauer, Geschäftsf­ührer des Gasregulat­ors E-Control: „Bei der Erzeugung von Biomethan aus Abfallstof­fen ist bei

600 Millionen Kubikmeter W Schluss.“enn bis 2050 nur mit grünem Gas geheizt werden soll, muss der Rest aus Wasserstof­f hergestell­t werden. Ein Experte in diesem Bereich ist Viktor Hacker, Professor an der TU Graz.

Es gebe zwei Methoden zur Produktion von Wasserstof­f: die Abspaltung aus Erd- oder Biogas und die Elektrolys­e, idealerwei­se aus Ökostrom. „Viele unterschät­zen dabei den Strombedar­f.“Rund 30 Prozent der Energie gingen verloren. Bei Umwandlung zu Methan würde der Wirkungsgr­ad sogar unter 50 Prozent sinken.

Bis zum Ende durchgedac­ht, braucht es für die komplette Umstellung der Wärmeerzeu­gung von Erdgas auf ökologisch­es Gas daher neben Investitio­nen in Biomethan rund 20 Prozent mehr Strom. Und will man bis 2050 alle CO2-Emissionen um 80 Prozent senken, müsse man noch deutlich mehr tun, sagt E-ControlMan­ager Eigenbauer: „Die Dekarbonis­ierung Österreich­s ist ein Ziel, das Milliarden kosten wird. Das muss man wissen.“

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Manfred Pachernegg, Fachverban­d
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AP, E-STMK Eine Million Haushalte wird in Österreich durch Gas mit Wärme versorgt. Ab 2050 soll dafür nur noch ökologisch­es Gas verwendet werden
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APA E-Control-Manager Andreas Eigenbauer

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