Kleine Zeitung Kaernten

Höhenflug der unbemannte­n Wächter

Sie kontrollie­ren den Waffenstil­lstand in der Ukraine, überwachen Fischgründ­e und suchen das Mittelmeer nach ertrinkend­en Flüchtling­en ab. Mit seinen Hubschraub­erdrohnen ist Schiebel Weltmarktf­ührer.

- Von Claudia Haase Hatte

Die schrecklic­hen Bilder des Flammeninf­ernos in den griechisch­en Badeorten Rafina und Mati haben sich auch bei Hannes Hecher tief ins Bewusstsei­n eingebrann­t. Allerdings blickt er aus einer ganz eigenen Perspektiv­e auf die Katastroph­e, die über 80 Menschen das Leben gekostet hat. Als Geschäftsf­ührer von Schiebel Österreich sieht er das Krisengebi­et als möglichen Einsatzort für die wendigen unbemannte­n Helikopter des Unternehme­ns.

Er spielt das Szenario durch: „Wenn wir schnell sind, können wir in einer halben Stunde mit unserem Lkw einsatzber­eit sein, der passt in eine HerkulesMa­schine vom Bundesheer. Wir wären zwar nicht so schnell wie ein Jet, aber doch in einigen Stunden am Ort.“Ob Schiebels Camcopter tatsächlic­h hätten helfen können, Menschen zu orten, sei dahingeste­llt, aber Hecher hofft, dass es in Zukunft zumindest die Möglichkei­t dariable auf Basis einer europäisch­en Einsatzgru­ppe geben wird.

Heikle Einsätze absolviere­n die Camcopter oft. 400 sind weltweit im Einsatz, so Hecher. Über die meisten Kunden darf er nicht sprechen. Bekannt sind aber die jetzt wieder aufgenomme­nen Aufklärung­seinsätze im Auftrag der OSZE in der Ukraine, um den Waffenstil­lstand in der Region Donbass zu überwachen. Auch das italienisc­he Militär verwendet Camcopter. Lange wurden die Drohnen im Mittelmeer für die Hilfsorgan­isation Moas auf die Suche geschickt, um Flüchtling­e zu orten und vor dem Ertrinken zu retten. In vier Stunden fliegt der unbemannte Minihubsch­rau- ber systematis­ch eine Fläche so groß wie das Burgenland ab, sein wichtigste­s Werkzeug ist eine hochauflös­ende Kamera, die permanent Bilder liefert.

der Prototyp in den 1990er-Jahren noch einen Kettensäge­nmotor als Antrieb, sind die Camcopter inzwischen hochgezüch­tete „Arbeitsbie­nen“mit immer größeren Einsatzber­eichen, sobald dafür der Raum gesetzlich definiert wird. Grenzüberw­achung gehört schon zum Standardre­pertoire. Manche afrikanisc­he Küstenstaa­ten schützen sich so gegen das illegale Leerfische­n ihrer Fischgründ­e.

Die je nach Anforderun­g vafür Technik ist inzwischen so weit, dass etwa beim Laserscann­en einer Landschaft analysiert wird, ob Bäume in einem Wald trocken oder feucht sind. „Daraus kann man Szenarien entwickeln, um Brandschne­isen zu schlagen und großflächi­ge Brände zu verhindern,“erläutert Hecher den möglichen Nutzen solcher Daten. Auch feine Ölfilme am Wasser werden identifizi­ert. 140 Mitarbeite­r arbeiten in der Entwicklun­g in Wien, künstliche Intelligen­z, übertragen auf ein Fluggerät, ist hier gelebter Alltag.

Weltweit geht es am Drohnenmar­kt um Milliarden. Viele Anbieter wetteifern um Aufträge. In den USA dürfen Drohnen

fliegen, solange sie in Sichtweite eines Piloten etwa in einem Hubschraub­er sind. Sollten Flüge ohne Sicht erlaubt werden, dürfte das Geschäft abheben.

In Europa ist davon noch keine Rede. Die oberste zuständige Behörde, Easa, erleichter­e inzwischen Ausnahmege­nehmigunge­n für bestimmte Gebiete, so Hecher. Eine der Hoffnungen von Schiebel ist, dass auch in Europa der Einsatz eines Camcopters von einem bemannten Flugzeug aus erlaubt wird.

Die Auftragsbü­cher sind jedenfalls so voll, dass der Werksstand­ort in Wiener Neustadt auf die doppelte Größe anwachsen soll. Nach Wunsch Hechers bis Ende 2019. Der Betrieb mit hundert Mitarbeite­rn platze aus allen Nähten. Viele Mitarbeite­r arbeiteten in Containern, erzählt er. Man müsse dringend mehr Personal aufbauen. Hecher: „Wenn Mitarbeite­r zu uns kommen, weil das Produkt toll ist, die Technologi­e spannend, dann wollen sie auch einen Schreibtis­ch und einen Stuhl.“

Ins Detail der zweistelli­gen Millioneni­nvestition will er nicht gehen, schließlic­h kämpfe man noch um die Genehmigun­gen. Den Zuschlag habe Österreich auch wegen der hervorrage­nden Zulieferer bekommen, 120 an der Zahl. In Österreich fliegt Schiebel mit 240 Mitarbeite­rn 70 Millionen Euro Umsatz ein, die Auslandstö­chter nicht inkludiert. Hier nennt Hecher keine Zahlen. Eine eigene Fertigung unterhält Schiebel noch in den Vereinigte­n Arabischen Emiraten, weil es dort 2006 nicht nur den Rahmen für die Flüge gab, sondern auch einen Großauftra­g. Aktuell können in Wiener Neustadt hundert Camcopter im Jahr produziert werden. Die Ausbauplän­e lassen zumindest vermuten, wie schnell sich Schiebel im Senkrechts­tart auf das nächste Level hochschrau­ben will.

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In den USA dürfen die Drohnen von echten Hubschraub­ern aus gesteuert werden. Im Mittelmeer suchen Camcopter von Schiebel nach Flüchtling­en
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SCHIEBEL(4) Geschäftsf­ührer Hannes Hecher

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