Glühende Europäerin.
KÄRNTNERIN DES TAGES. Angelica Ladurner (51) ist eine „glühende Europäerin“. Mit dem Ensemble:Porcia arbeitet sie gegen Grenzzäune und für eine offene Gesellschaft.
Angelica Ladurner arbeitet mit dem Ensemble-Porcia für eine offene Gesellschaft.
Gerade kommt sie vom Rhetorik-Workshop für „meine jungen Billeteure und Billetteurinnen“und gesteht: „Ich bin ja furchtbar, eine alte Lehrerin eben.“Deshalb erhalten die 15- bis 22-Jährigen, die allabendlich die Besucher der Komödienspiele in Empfang nehmen, von der Chefin eine Führung zu Probenzeiten, lernen Werkstatt und Fundus kennen und müssen sich auch alle Stücke anschauen. Der freiwillige Rhetorik-Workshop ist quasi das Zuckerl. „Es ist eh schon wurscht bei der vielen Arbeit, aber es freut mich sehr, dass bei der Hitze so viele teilnehmen“, sagt Angelica Ladurner, die von Mitte April bis Ende August auf 16- bis 18-Stunden Tage kommt – alles im Dienst des berühmten leichten Lachens. Denn die Prinzipalin des Ensemble:Porcia führt nicht nur Regie und spielt, sondern kümmert sich auch um Dramaturgie, Marketing, Drucksachen und Finanzen.
Die Frage nach
„drei Wochen Urlaub“pariert sie trocken: „Kenne ich nicht. Aber ich werde nicht ganz eine Woche im September wegfahren.“Ein Workaholic, diese Frau, die alles „mit Herzblut“macht und „sehr dankbar ist über den Verlauf meines Lebens“. Mit 18 Jahren war die Tochter einer Innsbrucker Juristenfamilie geprüfte Schauspielerin, das Konzertfachstudium (Querflöte, Gesang) hat sie kurz vor dem Abschluss geschmissen, um ein Theaterengagement anzunehmen. „Als man noch nach Typ besetzt hat, war ich lange die jugendliche Naive“, erinnert sie sich. Aus dem Fach hat sie sich längst befreit, „nur mit der Salondame hat es immer gehapert, weil ich so ein aufgestellter Zwerg bin“.
In Spittal spielt Angelica Ladurner heuer Mrs. Campbell – 1,56 Meter Energie mit Petticoat und Dauerwelle. Mit dabei als Bühnenmusiker: ihr 17-jähriger Sohn Severin Salvenmoser. Tochter Maria (25) ist Sängerin. „Das Beste in meinem Leben sind meine zwei Kinder,“sagt Ladurner, die ihr Privatleben privat hält. Der Millstätter See ist für sie „der schönste Platz der Welt“und jeden Sommer Kraftquelle und Refugium, das restliche Jahr pendelt sie fast jede Woche zwischen Innsbruck, Wien und Millstätter See. Dass sie in natura noch genauso ausschaut wie auf älteren Fotos, kostet sie einen Seufzer: „Die Haare werden gewaschen und durchgewuschelt, für mehr ist keine Zeit.“
18 Jahre lang
hat Angelica Ladurner am Mozarteum Salzburg Sänger ausgebildet, sie war Dozentin an der Akademie für Logopädie, lehrte Sprecherziehung am Vorarlberger und am Tiroler Landeskonservatorium. Noch heute gehen „alle Lehrer des Landes Tirol durch meine Hände“. Die 51-Jährige kümmert sich um Lehrerweiterbildung und sie macht das „mit ungebremster Leidenschaft. Denn wenn wir die Lehrer nicht schulen, brauchen wir uns nicht wundern, was die Schüler nicht können“.
Nach Spittal kam die „glühend-europäische Tiroler Ureinwohnerin mit Wurzeln in Ungarn, Böhmen und Südtiroler Dolomitentälern“vor 22 Jahren mit Peter Pikl (1946-2018), den sie am Landestheater Salzburg kennengelernt hat. 2015 stellte der damals schon schwer kranke Pikl die Kollegin in die erste Reihe. Dass die heuer gespielte italienische Literatur mit ihrem großen sozialen Anspruch so gut ankommt, hilft Ladurner bei der Planung von 2019. „Ich streite mit mir und das ist nicht lustig“, räumt sie ein, „aber wir folgen der großen Habsburger Vergangenheit. Österreich war einmal ein Vielvölkerstaat. Wir wollen es nicht zu einem kleinen unbedeutenden Nationalstaat, der Routen schließt und Grenzzäune hochzieht, werden lassen“, sagt Ladurner mit Nachdruck. Und: „Ich möchte weltanschauliches Theater machen. Wir sind eine offene Gesellschaft.“Auch will sie „etwas bewirken im Land, den Aufwind nutzen, der mit Peter Kaiser zusammenhängt“.
Wenn Angelica Ladurner nicht auf der Bühne steht, dann steht sie am Schlossportal und redet mit den Theaterbesuchern. „Meist bin ich die Beschenkte“, sagt sie.