Türkei warnt USA vor Partnerschaftsende
Der Streit um die Lira spitzt sich immer weiter zu. Nun droht Erdo˘g an sogar Trump mit einem Bruch. Sein Finanzminister versucht bislang erfolglos, die Märkte zu beruhigen.
Im Streit mit den USA droht der türkische Staatschef Recep Tayyip Erdog˘an dem Nato-Bündnispartner mit einem Bruch. Falls sich die USA weiter respektlos verhielten, werde seine Regierung beginnen, „nach neuen Freunden und Verbündeten zu suchen“, schrieb Erdog˘an in einem Gastbeitrag der „New York Times“am Freitag. Und legte am Samstag vor Anhängern in der Provinz Ordu am Schwarzen Meer noch nach: „Sie bedrohen uns.“Erdog˘an kündigte an, dass die Türkei nicht nachgeben werde: „Man kann diese Nation nicht mit Drohungen zähmen.“
Im Zentrum des Streits stehen zwei Geistliche: Washington fordert die Freilassung des US-Pastors Andrew Brunson, der wegen des Verdachts auf Spionage und Terrorvorwürfen in der Türkei unter Hausarrest steht. „Schande, Schande! Sie ziehen einen Pastor einem strategischen Nato-Partner vor“, sagte Erdog˘an. Ankara wiederum verlangt bisher vergeblich die Auslieferung des im US-Exil lebenden Predigers Fethullah Gülen, den Erdog˘an für den Putschversuch vom Juli 2016 verantwortlich macht.
hat starke Auswirkungen auf die türkische Wirtschaft. US-Präsident Donald Trump hatte am Freitag angeordnet, die Zölle auf Stahl aus der Türkei ab Montag auf 50 Prozent zu verdoppeln, und damit die türkische Wirtschaft bewusst stark unter Druck gesetzt. Finanzminister Berat Albayrak – Schwiegersohn von
Erdog˘an – stellte ein Maßnahmenpaket für die angeschlagene Wirtschaft vor, dies überzeugte Investoren aber offenbar nicht. Die Märkte zeigten sich wenig beruhigt. Die Lira befindet sich weiterhin im freien Fall. Für einen Dollar wurden zeitweise 6,87 Lira fällig, zu Monatsbeginn waren es weniger als fünf Lira.
In der „New York Times“kündigte Erdog˘an auch an, sollte die US-Regierung die Souveränität der Türkei nicht respektieren, „dann könnte unsere Partnerschaft in Gefahr sein“. Er forderte seine Landsleute am Samstag erneut auf, angesichts des Kursverfalls der Lira, Euro und Dollar in die Landeswährung zu tauschen.
Nach Angaben von US-Handelsminister Wilbur Ross seien die erhöhten Strafzölle ein entscheidender Schritt, um die Lebensfähigkeit der heimischen Stahlindustrie sicherzustellen, hieß es in einer Erklärung, die das Weiße Haus herausgab. Die Türkei exportierte im vergangenen Jahr nach Angaben des Handelsministeriums in Ankara Eisen, Stahl und Aluminium im Wert von 950 Millionen Euro in die USA – das sei ein Anteil von 0,7 Prozent aller Ausfuhren.
Bereits am Freitag
hatte Erdog˘an die Nation zum Zusammenhalt aufgerufen und von einem „Wirtschaftskrieg“gegen die Türkei gesprochen. „Keine Bedrohung, Erpressung oder Operation wird die Türkei einschüchtern“, schrieb Erdog˘ans Sprecher ˙Ibrahim Kalın auf Twitter. „Die Türkei wird auch diesen Kampf gewinnen.“Verantwortung für den dramatischen Absturz der Lira übernahm die Regierung aber nicht.
In seinem Gastbeitrag warf Erdog˘an der Trump-Regierung vor, Gülen nicht auszuliefern. Der Präsident schrieb, der Putschversuch vom Juli 2016, für den der Prediger verantwortlich sei, ähnle dem, „was das amerikanische Volk zweifellos nach Pearl Harbor und den Angriffen vom 11. September erlebt haben“. Er seinerseits könne, was die Inhaftierung Brunsons betrifft, die türkische Justiz nicht beeinflussen. Eine Einmischung stehe nicht in Einklang „mit unserer Verfassung oder unseren gemeinsamen demokratischen Werten“.
Erdog˘an kritisierte, die Reaktion der USA nach dem Putsch sei „alles andere als zufriedenstellend“gewesen. „Das türkische Volk hatte erwartet, dass die Vereinigten Staaten die Attacke eindeutig verurteilen und ihre Solidarität mit der gewählten Führung der Türkei ausdrücken. Das haben sie nicht getan.“