Meine Fahrräder und ich: wie ich vor aller Augen eines stahl und mich dadurch dennoch nicht ins Unrecht setzte.
Ein Fahrrad zu fahren, habe ich unter rauen Bedingungen gelernt. Auf dem klobigen Drahtesel meiner Mutter, mehr oder minder stehend, weil ich auch bei niedrigster Stellung des Sattels nicht zu den Pedalen hinabreichte.
Das harte Training machte sich bezahlt. Alsbald driftete ich im Speedwaystil durch die geschotterte Adelmannkurve nahe unserem Haus, fuhr ohne Hände am Lenker und sprang tollkühn über selbst gebaute Schanzen. Ein paar bis heute sichtbare Narben auf meinen Knien geben Zeugnis von ein paar missglückteren Übungen dieser Art.
Später bekam ich von meinen Eltern ein schickes Puch-Jungmeister geschenkt. Es hatte nur einen Gang, war aber um einiges leichter. Darauf ritt ich mit knapp fünfzehn bis an den Neusiedler See und über den Semmering – ohne abzusitzen – zurück nach Hause.
Viel später, in meinen Fünfzi- gern, schaffte ich mir ein solides Citybike von KTM mit zwölfgängiger Shimano-Schaltung an. Mit einem massiven Schloss hängte ich es stets an irgendwelchen festen Objekten an.
Einmal nicht, weil ich nur kurz in eine Trafik lief. Ich kam zurück und mein Bike war verschwunden. Auf gut Deutsch: Es war gestohlen worden. Wussten Sie, dass das bei uns im Schnitt 68-mal am Tag passiert? Im Vorjahr wurden 24.795 Fahrräder als gestohlen gemeldet.
Bis zum Erwerb eines neuen Modells ließ ich ein paar Monate verstreichen. Eines Tages fand ich mein Radl mit neuem Schloss vor einem gut besetzten Gastgarten angehängt.
Nach kurzer Überlegung fuhr ich heim, holte einen Bolzenschneider, schnitt es vor aller Augen los und nahm es mit.
Ich hinterließ einen Zettel mit meiner Mobilnummer und dem Satz: Falls Sie Ihr Rad vermissen, rufen Sie mich an. Der Anruf kam bis heute nicht.