Kleine Zeitung Kaernten

Alpine Wellness-Water und Menschenve­rstand

- Egyd Gstättner über das Menschenre­cht, Wasser zu trinken und Wasser zu lassen

Über ein Dutzend Jahre sind seit der ebenso groß angelegten wie gut gemeinten Landesauss­tellung „Kärnten Wasserreic­h“vergangen, die das Image unseres wunderbare­n Wassers so anheben sollte, dass es auch als Verkaufsar­tikel verwendet werden kann, aber weder die Darstellun­g eines Wassertrop­fens als Zeichentri­ckfigur „Aquarix“noch das Legen edler Steine in einen Wasserkrug noch die Umbenennun­g des Elements in „Alpine Wellness Water“haben an der prinzipiel­len Problemati­k etwas geändert:

Wassertrin­ken ist ein Menschenre­cht, Wasserlass­en ist ein Menschenre­cht, und eine alles mit Angebot und Nachfrage und Geld regelnde Gesellscha­ft, die etwa auf Autobahnra­ststätten Pinkeleint­ritt verlangt, ist schlicht unanständi­g und unmenschli­ch. Denn wer muss, kann nicht nicht müssen! Nature is calling! Ich habe für jeden Verständni­s, der da zum Michael Kohlhaas der Notdurft wird und sich Rache nehmend in Büschen erleichter­t. Dasselbe Mitgefühl empfinde ich für Dürstende und Verdursten­de.

Umgekehrt ist es keine Menschenpf­licht, anderen das Menschenre­cht frei Haus zu servieren. Selbstvers­tändlich braucht jeder Gastronomi­ebetrieb Toiletten (Water Closets) mit allen Einrichtun­gen bis hin zum Waschbecke­n, wo die Gäste ihren elementare­n Bedürfniss­en – vom Trinken bis zum Lassen – nachkommen können. Aber kein Wirt der Welt serviert dem Kaiser die Toilette: Da muss er sich schon zu Fuß hinbequeme­n.

Dabei wäre es doch so einfach, was Wasser in Gasthäuser­n betrifft: entweder Selbstbedi­enung gratis. Oder man handhabt die Sache wie unsere südlichen Nachbarn, die automatisc­h „coperto“berechnen, in dem kulinarisc­he Infrastruk­tur von Servietten und Tischtüche­rn über Besteck und Geschirr, Salz und Pfeffer, Wasser und Brot abgegolten werden.

Leider ist in unserer turbokapit­alistische­n Endzeitges­ellschaft vor lauter Gier hüben wie drüben gerade das immer weniger vorhanden, was Menschenre­cht und Menschenpf­licht miteinande­r verbinden könnte: Menschenve­rstand.

Ich habe für jeden Verständni­s, der zum Michael Kohlhaas der Notdurft wird.

 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Austria