Aktion „Minus 20 Prozent“
Immobilien-Tycoon René Benko arrondiert mit seiner harten Sanierung bei Kika/Leiner sein wachsendes Retail-Imperium. Der Immobiliendeal im Hintergrund zählt noch mehr.
Bei Kika werden Kunden mit 20 Prozent Rabatt zum „Bohemian Summer“gelockt. Die Leiner-Möbelhäuser versprachen zum gestrigen Moonlight-Shopping ebenfalls minus 20 Prozent. Das nahm sich René Benko offenbar auch für die harte Sanierung der Kika/Leiner-Gruppe zum Maßstab: Aktion „Minus 20 Prozent“– bei der Zahl der Mitarbeiter. Von rund 5100 Beschäftigten verlieren über 1000 ihren Job. Die Hälfte trifft es in Niederösterreich, im Süden ist nach Wolfsberg und Bruck nun Spittal von Schließung betroffen.
Mit dem massiven Durchgriff lässt Benko erkennen, dass er mit der Signa-Gruppe auch tatsächlich Möbel verkaufen will und es nicht bloß auf die Immobilien-Standorte der angeschlagenen Möbelhaus-Gruppe abgesehen hat. Für die Kika/Leiner-Leute wäre der Untergang mit der Skandaltruppe der Bilanzjongleure der südafrikanischen Steinhoff-Gruppe die trostlose Alternative gewesen.
Die harten Maßnahmen tragen die Handschrift der Sanierung der deutschen KarstadtKette nach der Übernahme durch Signa Retail im Jahr 2015. Benkos operativer Arm Stephan Fanderl wollte sogar bei Weihnachtsund Urlaubsgeld der Karstadt-Leute sparen und sperrte Häuser in Stuttgart und Hamburg zu. Mit Erfolg. Täglich erwartet man die Vollzugsmeldung der Fusion mit der Kaufhof-Gruppe, die die kanadische Hudson’s Bay Company 2015 Metro abgekauft hatte. Für angeblich gebotene drei Milliarden Euro will Benko mit Signa dann 51 Prozent an einer „Deutschen Warenhaus AG“halten. Am Ende steht ein Kaufhaus, wo einst Karstadt, Kaufhof, Hertie und Horten buhlten.
Doch das ist nur ein Teil des Konzepts, in das sich die Kika/ Leiner-Straffung fügt. Was für Karstadt angesagt ist – die Warenhäuser mit Online-Shops zu Marktplätzen der Zukunft zu verschmelzen –, ist auch in den Möbelhäusern absehbar. Ein Benko streckt vielleicht schon Fühler zu Amazon & Co aus.
Zugleich baut die Signa-Grupe Marktmacht auch in den besten Lagen aus. Alsterhaus und Alsterarkaden in Hamburg, das KaDeWe (Kaufhaus des Westens) am Tauentzien in Berlin, die Upper Zeil in Frankfurt und das Goldene Quartier in Wien gehören zum schillernden Portfolio der Signa Prime Selection AG, an der auch die Stiftungen von Hans Peter Haselsteiner, Novomatic-Gründer Johann Graf und Niki Lauda Teilhaber sind. Mit Leichtigkeit stockte Signa Prime im Herbst 2017 das Eigenkapital mit Investoren von drei auf vier Milliarden auf. uch Kika/Leiner ist ein super Immobiliendeal. In blanker Liquiditätsnot fiel zuerst der Standort Mariahilfer Straße zu, schließlich als Rettungsaktion 70 Standorte in Österreich und Osteuropa. Für diese hat die Signa-Gruppe mit kolportierten 490 Millionen Euro mutmaßlich mindestens um 20 Prozent weniger gezahlt als einst die Steinhoff-Gruppe an Herbert Koch. Für die vom drastischen Personalabbau betroffenen Mitarbeiter feilt man an einem Sozialplan. Wenigstens hier sollte minus 20 Prozent nicht die Parole sein.
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